TOP VII: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

3. Tag: Donnerstag, 25. Mai 2006 Nachmittagssitzung

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Wir kommen zum Antrag VII-52:

Der Deutsche Ärztetag fordert die zuständigen Bundes- und Länderministerien auf, eine Impfmeldepflicht einzuführen.

Gibt es dazu Wortmeldungen? - Bitte, Herr Bolay.

Dr. Bolay, Westfalen-Lippe: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde vom Befürworter dieses Antrags gebeten, erst einmal meine Einwände gegen diesen Antrag vorzubringen. Als Kinder- und Jugendarzt impfe ich täglich. Ich tue das aus voller Überzeugung. Ich möchte gern auch künftig meine Energie darauf verwenden, Eltern von der Notwendigkeit der Impfung zu überzeugen. Wenn wir Gesellschaft, Politik und Medien davon überzeugen können, mit an diesem Strang zu ziehen, den wir mit den vorangegangenen Anträgen beschlossen haben, wird sich die Durchimpfungsrate sicherlich verbessern lassen.

Wir brauchen keine Impflisten, wir brauchen keine Listen, die den Mangel verwalten. Entsprechende Statistiken können bereits aus den Abrechnungszahlen der KV generiert werden. Sie stehen dort zur Verfügung.

Ich möchte Sie daher bitten, diesen Antrag vielleicht an eine Kommission zum Abbau von Bürokratie im Gesundheitswesen zu überweisen. Besser wäre es, diesen Antrag abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank, Herr Bolay. - Jetzt bitte Herr Mau aus Berlin.

Prof. Dr. Mau, Berlin: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diejenigen, die den Vorschlag machen, diesen Antrag in eine Kommission zum Abbau der Bürokratie zu delegieren, sind bestimmt nicht mit der Behandlung geimpfter bzw. nicht geimpfter Kinder und deren Eltern befasst. Die Impfpflicht stellt eine Sicherheit erstens für den Patienten und zweitens für die Gemeinschaft insgesamt, in der die Kinder leben, dar, ganz egal, ob es eine Klasse oder eine Kindergartengruppe oder Geschwisterkinder sind. Sie stellt zum Dritten eine Sicherheit für den Arzt dar. Viertens dient sie den Eltern. Ich beschäftige mich seit mehr als 40 Jahren mit den Eltern kranker Kinder. Mein Vertrauen in die Mündigkeit von Eltern ist begrenzt. Ich könnte jetzt fünf von Ihnen heraussuchen, die Kinder haben, und keiner könnte mir sagen, wann seine Kinder geimpft worden sind. Das übersteigt einfach das Erinnerungsvermögen. Das ist ja auch nicht etwas, was die Familie so belastet. Der Aufwand hierfür ist minimal.

Ich komme aus einem Land, in dem ich diesen staatlich verordneten Impfterror 40 Jahre lang erlebt habe. Ich habe es 25 Jahre lang als Arzt mitgemacht. Der Aufwand ist wirklich minimal, aber der Nutzen ist extrem hoch.

Wir sollten uns deshalb nicht unter Berufung auf irgendwelche ominösen Freiheitswerte verwehren. Es fördert den Nutzen der Kinder.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank, Herr Mau. - Jetzt können wir über den Antrag abstimmen. Wer möchte dem Antrag zur Impfmeldepflicht zustimmen? - Wer möchte den Antrag ablehnen? - Das müssen wir zählen. Die Beteiligung ist nicht sehr groß und die Verteilung der Stimmen ist ungefähr ausgeglichen. Ich frage also noch einmal: Wer will dem Antrag, eine Impfmeldepflicht einzuführen, zustimmen? - Wer ist gegen den Antrag 52? - Enthaltungen? - Einige Enthaltungen. Der Antrag ist mit 106 : 91 Stimmen abgelehnt.

Wir kommen damit zum Antrag VII-53. Es geht um eine höhere Durchimpfungsrate. Der Antrag lautet:

Der 109. Deutsche Ärztetag fordert die zuständigen Ministerien der Bundesländer auf, eine vollständig erfolgte Durchimpfung von Säuglingen und Kleinkindern - entsprechend den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) - zur Voraussetzung für die Aufnahme in überwiegend staatlichen finanzierten Kinderkrippen und Kindergärten zu machen und diese in dem künftigen Präventionsgesetz auch gesetzlich zu verankern.

Gibt es dazu Wortmeldungen? - Herr Professor Kunze.

Prof. Dr. Kunze, Bayern: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Sie den vorhergehenden Antrag zur Masernpflichtimpfung positiv beschieden haben, dürfte es Ihnen nicht schwer fallen, auch diesen Antrag positiv zu bescheiden. Ich erinnere daran, dass die Ministerin in ihrer Rede bei der Ärzteschaft angemahnt hat, wir müssten alles unternehmen, die Durchimpfungsrate zu erhöhen. Hier haben wir jetzt als deutsche Ärzteschaft die Möglichkeit, die Durchimpfungsrate zu erhöhen. Das bedeutet nicht eine Pflichtimpfung; das möchte ich ganz klar betonen. Das gilt nur für die Aufnahme in überwiegend staatlich finanzierten Kinderkrippen und Kindergärten. Wenn jemand das wirklich nicht will, dann kann er das Kind in private Betreuungseinrichtungen geben. Aber in den staatlich finanzierten Kinderkrippen und Kindergärten müssen wir es fordern. Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass einige private Schulen massiv gegen die Impfung auftreten, aber staatliche Unterstützung erhalten. Das muss aufhören. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen Dank. - Möchte jemand dagegensprechen? - Niemand. Wer möchte dem Antrag 53 zustimmen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag ist angenommen.

© 2006, Bundesärztekammer.