Dr. Montgomery, Vorstand der Bundesärztekammer:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
möchte im Rahmen des Blocks "Ethische Fragen der Gesundheitsversorgung"
zu drei Themenkomplexen zu Ihnen sprechen. Es handelt sich um die
Anträge VI-1 und VI-1 a, die sich mit der Frage der Menschenrechte
in Israel und Palästina und mit dem Ergebnis einer Tagung der
Beauftragten für Menschenrechte der Bundesärztekammer
und der Landesärztekammern in Hamburg, den ich Ihnen ans Herz
legen möchte, beschäftigen. Der Änderungsantrag 1
a zielt ausschließlich darauf ab, im letzten Spiegelstrich
das Wort "palästinensischen" zu streichen, sodass
die gesamte Bevölkerung gemeint ist. Ich halte das für
einen vernünftigen Vorschlag.
Ich möchte Ihnen gern berichten, mit welcher Mühe sich
der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesärztekammer und die
Menschenrechtsbeauftragten der Landesärztekammern diesem Thema
genähert haben und versucht haben, einen ausgewogenen Antrag
zu formulieren, welcher der Situation sowohl der israelischen Bevölkerung
gerecht wird als auch das Recht der Menschen dort auf die Sicherheit
des täglichen Lebens berücksichtigt wie auch die Einschränkungen,
die sich aus den kriegerischen Maßnahmen für die palästinensische
Bevölkerung ergeben.
Die Tatsache, dass es einen einzigen Änderungsantrag dazu
gibt, bewerte ich als ein deutliches Indiz, dass der Gruppe der
Menschenrechtsbeauftragten ein recht guter und vernünftiger
Antrag gelungen ist. Ich bitte Sie sehr, diesen Antrag mit möglichst
großer Mehrheit zu unterstützen.
(Beifall)
Der zweite Komplex, zu dem ich sprechen möchte, behandelt
die Frage der Sicherung von Beweismitteln bei vermuteten Drogendealern
durch Brechmitteleinsatz. Dazu liegen zwei Anträge vor. Der
eine kommt vom Vorstand der Bundesärztekammer - das ist die
Drucksache VI-2; er ist ebenfalls in der Gruppe der Menschenrechtsbeauftragten
erarbeitet worden -, der andere kommt von meinem Freund Kahlke aus
Hamburg und hat die Nr. VI-34. Es tut mir ein bisschen weh, dass
ich in den beiden Anträgen konkurrierende Inhalte sehe und
nun gegen meinen Hamburger Kammerdelegierten Kahlke sprechen muss.
Ich muss Sie bitten, in seinem Antrag 34 eine kleine Änderung
vorzunehmen, mit der das Ganze in meinen Augen rechtlich passabler
und gängiger wird.
Ich will das kurz begründen. Bei der Gabe von Brechmitteln
gegen Drogendealer handelt es sich in meinen Augen - so sieht es
auch die Gruppe der Menschenrechtsbeauftragten - um einen legitimen
Akt des Staates im Wege der Beweissicherung. Der Staat muss dabei
aber § 81 a der Strafprozessordnung berücksichtigen, in
dem steht, dass ein Arzt Mittel der Beweissicherung nur dann anwenden
darf, wenn sicher ist, dass kein Schaden für denjenigen entstehen
kann, an dem die Maßnahme vollzogen wird.
Für den Arzt, der das tun soll, ergibt sich ein Konflikt.
Er bekommt von einem Staatsanwalt nach § 81 a der Strafprozessordnung
die Aufforderung, dies bei einem potenziellen Delinquenten zu tun.
Er muss selber den Umfang der Maßnahmen, die er ergreift,
festlegen. Wenn wir heute, wie es im Antrag 34 steht, das Handeln
des Arztes dann zu einem kriminellen Akt der Berufsordnung machen,
geraten wir am Ende in den Konflikt, dass ein Arzt für sich
selbst den Konflikt zwischen der staatlichen Anordnung nach §
81 a der Strafprozessordnung und dem zugegebenermaßen dagegen
sehr viel später einsetzenden und auch nicht so dramatischen
Sanktionsrahmen der Berufsordnung entscheiden muss.
Als Präsident einer Landesärztekammer, in der es diesbezüglich
gravierende Probleme gegeben hat, halte ich es nicht für zielführend
und für unsere Kollegen nicht für sinnhaltig, sie diesem
Konflikt auszusetzen.
(Beifall)
Deswegen bitte ich Sie, den zweiten Absatz folgendermaßen
zu fassen:
Das gewaltsame Einbringen von Brechmitteln mittels
einer Magensonde stellt ein nicht unerhebliches gesundheitliches
Risiko dar.
Dann ist der Antrag 34 in meinen Augen sehr vernünftig und
steht nicht mehr im Gegensatz zu den Äußerungen in Antrag
2, den Ihnen der Vorstand vorgelegt hat.
Schließlich möchte ich mich noch zum Antrag VI-15 äußern,
der die Beteiligung der Bundesärztekammer am Entschädigungsfonds
für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter betrifft. Wir haben
das im Vorstand der Bundesärztekammer bereits intensiv diskutiert.
Das Problem ist nicht die Frage der Beteiligung der Bundesärztekammer;
das Problem ist die Tatsache, dass die Landesärztekammern diese
50 000 Euro natürlich irgendwie refinanzieren müssen,
denn die Bundesärztekammer wird ausschließlich von den
Landesärztekammern gespeist. Deshalb wäre es in meinen
Augen sinnvoller - ich wage fast zu sagen: ehrlicher -, wenn wir
den Antrag umformulierten und sagten: Die Landesärztekammern
werden aufgefordert, nach dem üblichen Verteilerschlüssel
eine Beteiligung der Bundesärztekammer in Höhe von 50
000 Euro am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiterinnen
und Zwangsarbeiter zu finanzieren. Das wäre etwas aus einem
Guss. Vor allen Dingen würde auch der richtige Adressat benannt,
denn die Bundesärztekammer kann nicht etwas finanzieren, wenn
sich die Landesärztekammern diesem Prozedere verweigern. Deshalb
lautet meine herzliche Bitte an die Antragsteller, den Antrag VI-15
in dem von mir benannten Sinne umzuformulieren.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. - Der nächste Redner ist Herr Kahlke aus
Hamburg.
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