Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen jetzt zum Antrag 48. Er lautet:
Um Gewaltopfern, insbesondere von Gewalt im häuslichen
Umfeld betroffenen Frauen und Kindern, wirksam und langfristig
helfen zu können, müssen folgende Maßnahmen umgesetzt
werden ...
Dann folgen drei Vorschläge. Schließlich wird auf einen
niedersächsischen Arbeitskreis verwiesen.
Möchte jemand gegen den Antrag sprechen? - Bitte schön,
Herr Schieber, Baden-Württemberg.
Dr. Schieber, Baden-Württemberg:
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe
mich nicht in der Lage, diesem Antrag zuzustimmen, wenn nicht eine
Änderung erfolgt. Das gilt im Übrigen auch für die
Anträge 63 und 65. Mich stört generell der Untertitel
der gesamten Gruppe: häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder.
Ich denke, wir haben als Ärzte einen umfassenden Fürsorge-
und Behandlungsauftrag. Er bezieht sich auf Menschen.
(Beifall)
Nicht nur Frauen und Kinder sind der Gewalt ausgesetzt, sondern
auch Männer, und zwar in zunehmendem Maße, wie die Literatur
belegt.
Deshalb möchte ich die Antragstellerinnen bitten, statt "Frauen
und Kinder" den Begriff "Menschen" zu verwenden.
Noch schöner wäre es, wir könnten "Lebewesen"
sagen; denn so sehr wir gestern über die Bemerkung von Herrn
Koch gelacht haben, auch Tiere sind Gewalt ausgesetzt. Das höchste
Gericht hat jetzt den Tierschutz im Grundgesetz sanktioniert. Aber
soweit möchte ich bei diesen Anträgen nicht gehen. Wenn
hier nicht der Begriff "Menschen" verwendet wird, sind
wir einseitig.
Danke.
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön.
(Zuruf: Vorstandsüberweisung!)
- Es wird beantragt, den Antrag 48 an den Vorstand zu überweisen.
Aber zunächst hat Frau Goesmann als Antragstellerin das Wort.
Bitte sehr.
Dr. Goesmann, Niedersachsen:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im unteren Teil des
Antrags steht - das gilt auch für den Antrag 49 -, dass wir
in Niedersachsen ausdrücklich auf Wunsch unseres Sozialministeriums,
das auch für gesundheitliche Fragen zuständig ist, diese
breit angelegte Arbeitsgruppe gebildet haben, um eben speziell darauf
hinzuweisen, dass Frauen und Kinder deutlich vermehrt der Gewalt
im häuslichen Bereich ausgesetzt sind, mehr als Männer.
Wir leugnen natürlich nicht, dass es auch Gewalt gegen Männer
und Tiere gibt.
(Heiterkeit)
Ich denke, man kann das so abstimmen. Es ist eine politische Entscheidung,
dass ausdrücklich noch einmal gesagt wird: Wir stimmen im Rahmen
des EWHNT dafür, dass wir diesen Gesichtspunkt in die Fortbildung
und die Weiterbildung einführen, dass wir erkennen, wo Gewalt
gegen Kinder und Frauen ausgeübt wird.
Wir müssen solche Signale, die von betroffenen Patientinnen
und Patienten an uns herangetragen werden, erkennen und in der Lage
sein, Patientinnen mit ihren Kindern daraufhin anzusprechen und
entsprechend zu behandeln. Dann können wir auch die Weiterbehandlung
in psychotherapeutischer Hinsicht einleiten. Wir müssen einfach
eine Sensibilität für dieses Problem entwickeln. Das können
wir nicht dadurch umgehen, dass wir diese beiden Anträge verniedlichen.
Ich bitte Sie, den Anträgen unverändert zuzustimmen.
Ich soll hier mitteilen, dass seitens unseres Sozialministeriums,
also von politischer Seite, erwünscht ist, so etwas zu verabschieden.
(Beifall - Widerspruch)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. - Zur Geschäftsordnung ist beantragt worden,
den Antrag 48 an den Vorstand zu überweisen. Herr Peters möchte
dazu noch etwas sagen. Bitte schön.
Dr. Peters, Rheinland-Pfalz:
Verehrte Delegierte! Ich habe einen grundsätzlichen Vorschlag
zu machen. Es gibt mehrere Anträge zum Thema Gewalt. Das ist
in der Tat ein sehr komplexes Thema. Ich glaube, wir werden auf
der Basis von Einzelanträgen der Thematik nicht gerecht.
Ich schlage vor, alle Anträge, die mit Gewalt zu tun haben,
an den Vorstand zu überweisen und dass auf einem der nächsten
Ärztetage über das Thema "Medizin im Spannungsfeld
von Gewalt" - ob in der Familie, in der Gesellschaft, bezüglich
kriegerischer Verhältnisse - diskutiert wird. Wir sollten nicht
mit solchen Einzelmaßnahmen ein Konvolut erzeugen.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. Dann würde es sich natürlich anbieten,
die entsprechenden Vorschläge an den Vorstand zu überweisen.
Dann kann er sich damit befassen und das vorbereiten.
(Beifall)
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache VI-48.
Möchten Sie die Vorstandsüberweisung? - Ist jemand dagegen?
- Enthält sich jemand? - Der Antrag ist an
den Vorstand überwiesen.
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