Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Wir kommen nunmehr zur Behandlung des Antrags auf Drucksache VI-38.
Hier ist bereits eine Vorstandsüberweisung beantragt. Gibt
es eine Gegenrede? - Bitte schön, Herr Kollege.
N. N.:
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich bin als
Kinderarzt natürlich dafür, die Präventionsmaßnahmen
zu verstärken. Ich bin aber dagegen, dass die Aufnahme im Kindergarten
zwingend an die Vorschrift gebunden ist, dass alle Impfungen erfüllt
sind. Das würde, glaube ich, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe
benachteiligen. Ich möchte den Text vorschlagen, dass die Präventionsmaßnahmen
dadurch verbessert werden können, dass bei der Aufnahme im
Kindergarten alle darauf hingewiesen werden, verstärkt auf
die Impfungen zu achten, dass nachgeschaut wird, ob alle Kinder
daran teilgenommen haben, dass in Zusammenarbeit mit den Kinderärzten
die Impfungen vermehrt durchgeführt werden. Es sollte aber
nicht zwingend vorgeschrieben werden, dass alle Impfungen erfolgt
sind.
Damit würden einige benachteiligt. Ich finde das Wesentliche
dabei, dass während der Zeit im Kindergarten überprüft
wird, ob die weiteren Impfungen erfolgen. Der hier vorliegende Text
ist für mich zu starr. Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen.
(Vereinzelt Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. - Jetzt bitte Herr Dr. Rudolph aus Hessen als
Antragsteller.
Dr. Rudolph, Hessen:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren!
Bekanntlich ist die Prävention ein wesentlicher Bestandteil
des ärztlichen Handelns. Häufig steht jedoch die Therapie
im Vordergrund. In diesem Zusammenhang wird oft der Ruf nach mehr
finanziellen Mitteln laut. Dabei kann jedoch durch minimale steuernde
Anreize das gesundheitsfördernde Verhalten unterstützt
werden, ohne dass diese Kosten entstehen. Gerade Impfungen gehören
bekanntermaßen zu den wirksamsten Maßnahmen der Prävention.
Trotzdem gibt es nach wie vor Impflücken und erhebliche Abweichungen
von den empfohlenen Maßnahmen der STIKO. Vor diesem Hintergrund
befürworte ich - nur dann kann der Begriff der Prävention
aus seinem Schattendasein herauskommen - durchaus lenkende Maßnahmen,
die ohne weiteres möglich sind. Der Antrag beschränkt
sich ja auf die Plätze in kommunalen und in staatlichen Händen.
Er bezieht sich nicht auf Verbände oder Kirchen. Ich bitte
um Zustimmung.
(Vereinzelt Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön. - Ich frage Frau Rechtsanwältin Wollersheim,
ob sie das mit der Verfassung für vereinbar hält, da wir
doch alle freie Bürger sind und auch eine freie Meinung haben.
Man kann sich auch dazu entschließen, nicht gesund zu sein.
Bitte, Frau Rechtsanwältin.
Wollersheim, Justiziarin der Bundesärztekammer
und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Aus rechtlicher Sicht besteht hinsichtlich der Verknüpfung
der Vergabe von Kindergartenplätzen, die aus dem Elternrecht
- Art. 6 des Grundgesetzes - abgeleitet werden, mit dem Recht auf
körperliche Unversehrtheit eine aus meiner Sicht nicht aufzulösende
Kollision, sodass ich erhebliche rechtliche Bedenken habe, dass
die Vergabe von Kindergartenplätzen mit der Durchführung
von Impfungen verknüpft wird.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank.
(Zuruf: Nichtbefassung!)
- Es wird Nichtbefassung beantragt. Wer möchte sich mit diesem
Antrag abstimmungsmäßig nicht befassen? - Wer ist dagegen?
- Wer enthält sich? - Damit ist Nichtbefassung
beschlossen. Wir haben über den Antrag nicht abgestimmt. Inhaltlich
haben wir ihn natürlich zur Kenntnis genommen.
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