Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Es gibt den, wie ich finde, gut begründeten Antrag, zum Antrag
81 eine zweite Lesung durchzuführen. Ich lese den gesamten
Text vor. Ich meine, es ist sinnvoll, dass wir akzeptieren, dass
noch einmal eine Rede dagegen und eine Rede dafür erfolgt.
Der Text lautet:
Der Deutsche Ärztetag fordert die Bundesregierung
auf, die gesetzlichen Grundlagen für eine bessere Verzahnung
der Partner im Gesundheitswesen zu schaffen: Es sollen in den
Aufsichtsräten der Krankenkassen Vertreter der verfassten
Ärzteschaft mit Stimm- und ggf. Vetorecht bei bestimmten
Entscheidungen vertreten sein, wie z. B. Durchführung und
Finanzierung von Gesundheits- und Werbekampagnen, Bau von Verwaltungsgebäuden.
Umgekehrt sollen Vertreter der Krankenkassen in den Aufsichtsräten
von Gesundheitsanbietern (Krankenhausketten, Medikamentenherstellern,
Bundes-KV) mit gleichen Rechten mitwirken. Im Falle eines Vetos
muss dann die zuständige Landesregierung als Aufsichtsbehörde
die strittige Entscheidung zur Wahrung der Interessenslage der
Bevölkerung regeln.
Ich glaube, dort steht viel mehr, als wir uns das eben auf die
Schnelle im Hinblick auf den Begriff "Verzahnung" vorgestellt
haben. Wir haben vielleicht nur daran gedacht, dass Ärzte und
Schwestern oder Ärzte und Sozialstationen gut zusammenarbeiten
sollen.
Ich darf eine zweite Lesung als Vorsitzender einleiten und tue
das hiermit. Ich bitte Herrn Henke, sich dazu zu äußern.
Henke, Vorstand der Bundesärztekammer:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn über
dem Antrag steht: "Verzahnung der Partner im Gesundheitswesen",
ist das zunächst einmal etwas, was sympathisch ist und bei
dem man sagt: Das wollen wir, weil wir eigentlich darunter leiden,
dass die Kooperation und die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen
geringer ausgeprägt sind, als wir uns dies wünschen. Das
setzt aber voraus, dass diejenigen, die kooperieren, auch in relativ
klaren Strukturen kooperieren und dass nicht hinter verschlossenen
Türen in intransparenten Verfahren Entscheidungen getroffen
werden.
Das Land Nordrhein-Westfalen arbeitet derzeit beispielsweise für
den Bereich der Müllentsorgung die Konsequenzen auf, die daraus
resultieren, dass man öffentliche Gewalt und private Unternehmen
dergestalt miteinander verzahnt, dass sie in Joint Ventures zusammenarbeiten,
und derjenige, der als Privater mitwirkt, in der Gefahr ist, jedenfalls
bei Ausschreibungen, die Bewerbungen seiner Konkurrenz zu sehen.
Was hier vorgeschlagen wird, ist im Grunde genommen die inhaltliche
Trennung zwischen denjenigen, die Leistungen erbringen - den Begriff
Leistungserbringer würde ich nicht verwenden -, und denjenigen,
die sie finanzieren, aufzuheben. Wir bekommen damit ein völlig
intransparentes und nicht mehr definierbares Interessengefüge.
Natürlich bin ich dagegen, wie die Krankenkassen Werbekampagnen
finanzieren. Natürlich würde ich das gern verhindern.
Ich finde, die Krankenkasse ist nicht dazu da, als Akteur einzugreifen,
sondern sie ist dazu da, den Patienten die Möglichkeit einer
unabhängigen Entscheidung über seine Behandlung zu ermöglichen.
Aber glauben wir wirklich, dass der Weg, um das zu erreichen, derjenige
ist, dass Vertreter der Ärzte in Aufsichtsräte von Kassen
gehen? Wollen wir, um das zu erreichen, umgekehrt akzeptieren, dass
unsere eigenen Sphären von Interessendefinition durchdrungen
werden von Kassenvertretern, die dort natürlich alle Informationen,
die sie bekommen können, als Machtmittel einsetzen und nutzen
werden?
Wenn es am Ende des Antrags heißt, dass dann, wenn man sich
nicht einigen konnte, die Landesregierung eine abschließende
Entscheidung trifft - bei den bundesunmittelbaren Kassen müsste
man sagen: die Bundesregierung -, dann haben wir den Staat in allem
drin.
Deshalb bitte ich Sie, noch einmal zu überlegen, ob wir diesen
Antrag nicht doch einer näheren Beratung zuführen müssten,
als uns das eben in einem ersten sympathischen Ansatz gelungen ist.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön. Daraus schließe ich, dass die Intention
besteht, den Antrag dem Vorstand zu überweisen. Stimmt das
so? - Okay. Dann frage ich also: Wer ist dafür, den Antrag
auf Drucksache VI-81 an den Vorstand zu
überweisen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der
Antrag ist an den Vorstand überwiesen.
Damit haben wir den Gesetzgeber nicht direkt aufgefordert, etwas
Neues zu tun.
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