Weichenstellung der GKV-Gesundheitsreform 2000 für neues Krankenhaus-Entgeltsystem

Die Eckpfeiler der Gesundheitspolitik der rot-grünen Bundesregierung wurden in der vergangenen Legislaturperiode durch die Koalitionsvereinbarung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20. Oktober 1998 vorgegeben. Als Weichenstellung für den Krankenhausbereich ergaben sich hieraus zum einen ein „Vorschaltgesetz“ noch für 1998 zur vorläufigen Begrenzung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für 1999, zum anderen das Ziel einer „Gesundheits-Reform 2000“, welche nach dem politischen Anspruch der Koalitionsfraktionen „für mehr Wettbewerb um Qualität, Wirtschaftlichkeit und effizientere Versorgungsstrukturen sorgen sollte“. Schwerpunkte für den Krankenhausbereich sollten dabei insbesondere veränderte Rechtsgrundlagen für die Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern sowie eine Neuordnung des stationären Vergütungssystems werden.

Nur in groben Umrissen ließen sich Anfang 1999 im Rahmen der von der Regierungskoalition angestrebten „Gesundheits-Reform 2000“ für den Krankenhausbereich Ansätze für eine bessere Integration von ambulanter und stationärer Versorgung sowie für eine Neuordnung der Krankenhausfinanzierung bzw. des Entgeltsystems erkennen. Das im Frühjahr 1999 eingeleitete Gesetzgebungsverfahren war von vielen „Irrungen und Wirrungen“ nicht zuletzt im unterschiedlichen Interessengeflecht zwischen Bundestag und Bundesrat geprägt. Nach einem turbulenten Beratungsverfahren des Gesetzentwurfes in Bundestag und Bundesrat, welches nach Einschätzung vieler politischer Beobachter von einem zuvor noch nie festzustellenden Maß an Chaos und Pannen begleitet war, trat nach den abschließenden parlamentarischen Beratungen Ende Dezember 1999 das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreform 2000) am 01. Januar 2000 in Kraft. Trotz einer radikalen „Abmagerungskur“ des im Hinblick auf den im Bundesrat zustimmungsfrei ausgestalteten Gesetzes barg die Reform für den Krankenhausbereich immer noch tiefgreifende und einschneidende gesetzliche Änderungen, welche die Krankenhauslandschaft im Verlaufe der nächsten Jahre drastisch verändern werden. Die aus Sicht der Krankenhäuser und Krankenhausärzte bedeutsamsten Bestimmungen des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 sind insbesondere im Hinblick auf die für den Krankenhausbereich relevanten Neuregelungen im Tätigkeitsbericht 1999/2000 widergegeben worden.

Mit dem Inkrafttreten der einschneidenden Änderungen des GKV-Gesundheitsreformgesetzes zum 01. Januar 2000 traten weitere drastische Engpässe für den Krankenhaussektor ein – und dies, obwohl die Krankenhäuser in den Jahren zuvor enorme Anstrengungen unternommen hatten, ihre Kosten zu senken und dabei auch noch ihre Qualität zu verbessern. Statt einer weiteren, völlig einseitig ausgerichteten Ausgabendiskussion hätte im Krankenhaussektor wieder mehr die Qualität der Versorgung in den Mittelpunkt gerückt werden müssen, zumal die Patientenversorgung durch die Arbeitsbedingungen der Ärzte und Pflegekräfte in den Krankenhäusern angesichts der millionenfach geleisteten unbezahlten Überstunden mit dann nicht selten übermüdeten und in ihrer Leistungsfähigkeit dadurch stark eingeschränkten Krankenhausmitarbeitern nach wie vor beträchtlich gefährdet wird. Diese auch durch die weitgehende Missachtung des Arbeitszeitgesetzes hervorgerufenen, für Personal und Patienten unzumutbaren und bedrohlichen Zustände in deutschen Krankenhäusern müssen endlich von den politisch Verantwortlichen wahrgenommen und angegangen werden. Eine wichtige Weichenstellung stellte hier das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 03. Oktober 2000 dar, mit welchem ein Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit insgesamt als Arbeitszeit im Sinne der EG-Arbeitszeitrichtlinie gewertet wurde. Hiermit ist die bisherige Bereitschaftsdienststruktur und -organisation in den deutschen Krankenhäusern nicht vereinbar. Die Krankenhausgremien der Bundesärztekammer haben unverzüglich die sofortige Umsetzung des EuGH-Urteils gefordert sowie Politik und Arbeitgeber aufgerufen, für ausreichende Finanzierungsgrundlagen und neue krankenhausspezifische Arbeitszeitregelungen zu sorgen. Nach überschlägigen Berechnungen wird eine rechtskonforme Umsetzung des EuGH-Urteils zusätzlich ca. 15.000 Arztstellen und damit Mehrausgaben in Höhe von nahezu1 Milliarde € erfordern (s. weitere Ausführungen hierzu im nächsten Abschnitt).

© 2003, Bundesärztekammer.