Seit
dem 01. Januar 2003 und damit drei Jahre nach dem Beschluss der Einführung
eines pauschalierenden Vergütungssystems für allgemeine voll- und
teilstationäre Krankenhausleistungen mit Behandlungsfallpauschalen auf der
Grundlage eines international angewendeten Diagnosis Related Groups Systems
(DRGs) durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 haben die ersten deutschen
Krankenhäuser ihre Leistungsabrechnung auf das neue G-DRG-Fallpauschalensystem
umgestellt. Während die Abrechnung der neuen Entgelte im Jahr 2003 zunächst
ausschließlich an freiwilligen Krankenhäusern erfolgt („Optionsmodell 2003“),
sollen ab dem Jahr 2004 mit wenigen Ausnahmen alle Krankenhäuser über das
DRG-System finanziert werden.
Das dem
neuen Vergütungssystem zu Grunde liegende G-DRG-System (German (Refined)
Diagnosis Related Groups) soll als Patientenklassifikationssystem dazu dienen,
die Behandlungsfälle anhand festgelegter Kriterien wie Diagnosen, Prozeduren,
dem Alter, etc. trennscharf in Gruppen einzuteilen, die sich durch einen
ähnlich hohen Behandlungskostenaufwand auszeichnen. Im Rahmen des
Vergütungssystems wird für jede abrechenbare DRG-Fallgruppe ein Pauschalentgelt
ermittelt. Diese Pauschalentgelte vergüten – vom Grundprinzip her vergleichbar
mit den bisherigen Fallpauschalen der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) – die
fallbezogenen Leistungen (Arzt-, Pflege-, Sachkosten- etc.) aller einer
DRG-Fallgruppe zugeordneten Behandlungsfälle mit einem für jede DRG
einheitlichen Preis. Das DRG-System soll dem am 01.01.2000 in Kraft getretenen
und mit dem Fallpauschalengesetz vom April 2002 (Gesetz zur Einführung des
diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser
(Fallpauschalengesetz – FPG, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 27,S.
1412-1437,ausgegeben am 29. April 2002) umfassend novellierten § 17 b des
Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) zu Folge mit Ausnahme der an
Einrichtungen oder Abteilungen für Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapeutischer Medizin erbrachten Leistungen sämtliche klinische
Fachbereiche abdecken.
Lediglich
für bestimmte Leistungsbereiche, die nicht an allen Krankenhäusern bestehen wie
z. B. die Notfallversorgung, Vorhaltung spezieller Versorgungsangebote,
Ausbildung (insbes. Krankenpflegeschulen und -ausbildung) sowie die Aufnahme
von Begleitpersonen, sollen bundeseinheitliche Regelungen für Zu- und Abschläge
festgelegt werden, die auf Dauer unabhängig vom DRG-System vergütet werden.
Mit
der Verabschiedung des Fallpauschalengesetzes vom April 2002 hat der
Gesetzgeber den ordnungspolitischen Rahmen für einen vierjährigen Übergang vom
bisherigen in das künftige Krankenhausfinanzierungssystem geschaffen (vgl.
Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer 2001/2002). Angesichts des erheblichen
Umfanges der im Rahmen der Vorbereitung der DRG-Einführung noch zu
bewältigenden Aufgaben, wurde nicht länger daran festgehalten, das neue
Vergütungssystem bereits ab dem 01.01.2003 an allen Krankenhäusern
abrechnungswirksam einzuführen. Dies erfolgt nun vielmehr nur noch an
freiwilligen Krankenhäusern, die voraussichtlich mindestens 90 Prozent ihres
Budgets über G-DRG-Fallpauschalen abrechnen können. Um möglichst viele
Krankenhäuser zum freiwilligen Eintritt in das System zu bewegen, sollen die im
Vergleich mit dem für das Jahr 2003 prospektiv vereinbarten Budget über die
DRG-Abrechnung realisierten Mindererlöse zu 95 % ausgeglichen werden. Nachdem
interessierte Krankenhäuser ihren Optionswillen zum Umstieg auf das
DRG-Vergütungssystem bis zum 31.10.2002 erklären mussten, wurde diese
Entscheidungsfrist in einem bei Redaktionsschluss noch nicht rechtskräftig
verabschiedeten Teil des im Anschluss an die Bundestagswahl 2002 von der
Regierung eingebrachten Vorschaltgesetzes auf den 31.12.2002 verlängert. Während
sich bis Ende Oktober 2002 rund 525 Krankenhäuser für den Start in das
Optionsmodell bereit erklärt hatten, haben sich bis zum Jahresende noch über
740 zusätzliche Krankenhäuser gemeldet. Eine besondere Motivation für diese
„Nachzügler“ ergab sich dabei aus dem Vorhaben des
Beitragssatzsicherungsgesetzes, welches überraschend eine „Nullrunde“ für alle
im bisherigen Vergütungssystem verbleibenden Krankenhäuser vorsah und nur noch
den Optionskrankenhäusern eine Anpassung ihres Budgets entsprechend der Veränderungsrate
der Grundlohnsumme in Höhe von 0,81 % für die alten Bundesländer und 2,09 % für
die neuen Bundesländer ermöglichte.
Ab dem
01.01.2004 sollen erstmals alle Krankenhäuser verpflichtend über das neue
Vergütungssystem abrechnen, wobei dann im Unterschied zu dem in weiten Teilen
noch mit dem AR-DRG-System übereinstimmenden G-DRGs der ersten Generation
bereits ein erstmals umfassend auf die deutschen Gegebenheiten hin angepasstes
DRG-System eingesetzt werden soll. Das neue Vergütungssystem soll in den Jahren
2003 und 2004 zunächst „bud-getneutral“ eingeführt werden, so dass es in diesen
Jahren unter den Krankenhäusern noch keine „DRG-Gewinner“ oder „DRG-Verlierer“
geben wird.
An die
budgetneutrale Phase soll sich dann eine zweijährige Konvergenzphase
anschließen, in welcher das DRG-System stufenweise budgetwirksamer wird.
Während die Krankenhäuser in den budgetneutralen Einführungsjahren die DRGs
noch allein auf der Grundlage krankenhausindividueller Basisfallwerte abrechnen
sollen, welche zur vorübergehenden Bestandssicherung noch ausschließlich auf
der Basis der historischen Fallkostenbudgets ermittelt werden, sollen die
Vergütungen in den Jahren 2005 und 2006 in zwei Stufen einem in diesen Jahren
durch die Selbstverwaltung auf der Landesebene festzulegenden
landeseinheitlichen Basisfallwert angenähert werden. Ab dem Jahr 2007 sollen
dann alle Krankenhäuser eines Bundeslandes ihre DRG-Fallpauschalen über den
landeseinheitlichen Basisfallwert abrechnen, wodurch erstmalig der Grundsatz
„gleiches Geld für gleiche Leistung“ erfüllt werden soll. Konkrete Regelungen
für die Ausgestaltung des Krankenhausvergütungssystems ab dem Jahr 2007 soll
jedoch ganz im Sinne eines „lernenden Systems“ erst ein Anschlussgesetz
vorgeben.
Während
für den DRG-Einsatz ab dem Jahr 2007 angestrebt wird, von den Zu- und
Ab-schlagstatbeständen abgesehen möglichst sämtliche Leistungen für einen
Behandlungsfall über die jeweils zugeordnete DRG-Fallpauschale zu vergüten,
sieht das FPG noch Öffnungsklauseln für (noch) nicht DRG-gängige Tatbestände
vor. So sollen Bereiche, welche sich nach dem Dafürhalten der Selbstverwaltung
bei der Ersteinführung des neuen Vergütungssystems noch nicht exakt genug über
DRGs abbilden und bewerten lassen, in den Jahren 2003 und 2004 noch über
ortsindividuelle Vergütungslösungen finanziert werden. In Ausnahmefällen soll
die Selbstverwaltung für besondere Leistungen wie z. B. Dialysen oder
Bluterpräparate Zusatzentgelte vereinbaren können, welche dann auch neben einer
DRG abgerechnet werden können. Für aufwändige Innovationen ist ab 2005 eine
Finanzierungslösung auf fallindividueller Basis angedacht.
Die
mit der Einführung des neuen Vergütungssystems beauftragten
Selbstverwaltungsparteien auf der Bundesebene, welche die einzelnen
Umsetzungsschritte vertraglich regeln sollen (Vertragsparteien), sind
einerseits die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten
Krankenversicherung sowie andererseits die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit
ihren Mitgliedsverbänden. Bezüglich medizinischer Fragen räumt das Gesetz der
Bundesärztekammer sowie einem „Vertreter der Berufsorganisationen der
Krankenpflegeberufe“, repräsentiert durch den Deutschen Pflegerat, ein
Stellungnahmerecht und ab 2004 das Recht zur beratenden Teilnahme an den
entsprechenden Sitzungen der Vertragsparteien ein. Für den Fall, dass die
Vertragsparteien der Selbstverwaltung sich auf Grund von Interessenkonflikten
nicht einigen können und das Scheitern ihrer Verhandlungen erklären, hat das
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) das Recht, den
strittigen Sachverhalt auf dem Wege der Ersatzvornahme auch ohne die Zustimmung
des Bundesrates per Rechtsverordnung zu regeln.
Während
sich die Selbstverwaltung am 27. Juni 2000 noch darauf einigen konnte, das
australische AR-DRG-System Version 4.1 (Australian Refined Diagnosis Related
Groups) als Basissystem für die Entwicklung des künftigen G-DRG-Systems zu
nutzen, gestalteten sich die Beratungen über die konkrete Übertragung des
Systems auf deutsche Verhältnisse zunehmend kontrovers. Die Bundesärztekammer
hat dies in Zusammenarbeit mit der AWMF zum Anlass genommen, die Wege zur
sachgerechten Ausgestaltung des neuen Vergütungssystems für
Krankenhausleistungen im Rahmen ihres mit großer Resonanz aufgenommenen
DRG-Forums am 13. Juni 2002 in Köln mit Entscheidungsträgern aus der Politik,
Selbstverwaltung und DRG-relevanten Institutionen zu diskutieren und die dabei
aus ärztlicher Sicht bestehenden Notwendigkeiten deutlich zu machen (vgl. auch
Clade, H. (2002) Krankenhausfinanzierung: Selbstverwaltung streitet über
Korrekturbedarf, Deutsches Ärzteblatt 99,Ausgabe 26,
Seite A-1790 / B-1514 / C-1412).
Nachdem
die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Verhandlungen der Selbstverwaltung am
17. Mai 2002 bezüglich der Abrechnungsbestimmungen und am 24. Juni 2002
schließlich umfassend als gescheitert erklärt hatte, hat das BMGS die
wesentlichen Einzelheiten des DRG-Optionsmodells 2003 im Rahmen einer solchen
Ersatzvornahme durch die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom
19. September 2002 (KFPV) festgelegt.
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