Nicht
zuletzt aus Qualitätssicherungsgründen wurde bereits 1997 von Ausschuss und
Ständiger Konferenz „Arbeitsmedizin“ der Bundesärztekammer die Einführung einer
einheitlichen Gebührentaxe für arbeitsmedizinische Leistungen als notwendig
erachtet; dies ungeachtet dessen, dass Arbeitsmedizinern/Betriebsärzten
grundsätzlich schon derzeit alle Möglichkeiten einer Honorarvereinbarung offen
stehen. Sie können mit dem Unternehmer frei über die Höhe und Art der Vergütung
betriebsärztlicher Leistungen verhandeln, d. h. sie können entweder ein
Stundenhonorar pauschal vereinbaren oder – auch wenn nur unzureichend
betriebsärztliche Betreuungsleistungen als solche in der amtlichen
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) verankert sind – mit dem Unternehmer als
Vergütungsanspruch ein Liquidationsrecht nach Maßgabe der GOÄ vereinbaren. Dies
setzt allerdings voraus, dass die Vertragspartner sich über eine solche Form
der Vergütung einigen. Kommt eine solche Vereinbarung zu Stande, muss dann
geprüft werden, ob die GOÄ die Leistungen des Betriebsarztes enthält. Für
Tätigkeitsbereiche des Betriebsarztes, welche in der GOÄ nicht abgebildet sind
(wie z. B. Betriebsbegehungen, Beratungen des Arbeitgebers etc.) müssten so
genannte Analogbewertungen gebildet werden, d.h. in der GOÄ enthaltene, nach
Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistungen könnten als
Vergütungsgrundlage herangezogen werden. In einem zweiten Schritt müsste die
GOÄ im Zuge einer Verordnungsnovelle um diese Positionen ergänzt werden.
Diese
Sonderstellung der Arbeitsmediziner/Betriebsärzte beruht darauf, dass sie nicht
auf der Grundlage der GOÄ abrechnen müssen, wenn sie im Rahmen eines
Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses die beruflichen Leistungen gegenüber dem
Arbeitgeber oder dem Dienstherrn erbringen und dafür ein Gehalt erhalten. Das
Gleiche gilt, wenn der Arzt aufgrund eines Dienstvertrages seinem Arbeitgeber
kontinuierlich die Erbringung beruflicher Leistungen gegenüber Dritten schuldet
und hierfür eine pauschalierte Vergütung erhält. Ein solches
„Dauerschuldverhältnis“ stellt i.d.R. insbesondere die nebenberufliche oder
hauptberufliche Tätigkeit eines niedergelassenen
Arbeitsmediziners/Betriebsarztes dar.
Die
Einführung einer amtlichen Gebührenordnung für Betriebsärzte birgt Vor- und
Nachteile in sich, welche abzuwägen sind. Einerseits bietet die GOÄ eine
Grundlage für eine angemessene betriebsärztliche Vergütung und schützt den
Arbeitsmediziner/Betriebsarzt insofern vor einem rigorosen Preiswettbewerb,
andererseits sind dann die Rahmenbedingungen der GOÄ zu akzeptieren, z. B. der
Gebührenrahmen; keinesfalls darf dann der Einfachsatz unterboten werden. Zudem
ist zu beachten, dass die GOÄ nur die vertragsschließenden Ärzte bindet, nicht
aber den Auftraggeber sowie die betriebsärztlichen Dienste jedweder Rechtsform,
welche dadurch für sich Wettbewerbsvorteile gegenüber den niedergelassenen
Ärzten realisieren können.
Die
berufspolitische Wertung der Arbeitsmedizin-Gremien ergibt jedoch angesichts
einer desolaten Dumping-Preispolitik von betriebsärztlichen Anbietern, dass es
schon aus Qualitätssicherungsgründen sinnvoll und wichtig ist, den
Betriebsärzten/Arbeitsmedizinern eine recht sichere Vergütungsgrundlage zu
schaffen. Da die Einführung einer Gebührenordnung für Betriebsärzte in die
amtliche Gebührenordnung für Ärzte sich als äußerst schwierig und langwierig
erweist und eine Gebührenordnung für Betriebsärzte, die als Empfehlung vom
Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. (VDBW) erarbeitet wird,
äußerst hilfreich ist und ihren Zweck auch so erfüllen kann, legte der Verband
bereits im Jahr 1999 ein Gebührenkonzept vor, das Analogbewertungen von
betriebsärztlichen Leistungen beinhaltet, die in der amtlichen GOÄ nicht
vorhanden sind. Dieses Gebührenkonzept hat bereits allgemeine Akzeptanz und
Anwendung gefunden. In der Sitzung der Arbeitsmedizin-Gremien im Jahre 2001 hat
der VDBW ein erweitertes Gebührenwerk mit dem Titel „Gebührenordnung für
Betriebsärzte - Anwendung für spezielle arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchungen“ (BG-GOÄ) vorgelegt, das auch die nicht mehr gültige GOÄ
für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen der
Berufsgenossenschaften ablösen soll. Arbeitsmediziner haben jahrelang spezielle
arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach der sog. BG-GOÄ abgerechnet.
Dieses Gebührenwerk basierte auf den seit 1992 geltenden vertraglichen
Regelungen zwischen den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger und der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Eine Leitnummer 73 regelte darin Gebühren
für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gem. § 708 Abs. 1 Nr. 3
Reichsversicherungsordnung und wurde von einer Sonderkommission festgelegt. Mit
dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches VII im Jahr 1996 musste nur noch ein
Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen nach dem Abkommen
Ärzte/Unfallversicherungsträger nach § 34 Sozialgesetzbuch IX Abs. 3
Festlegungen erstellt werden. Damit gab es keine verbindliche Gebührenordnung
mehr für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Aufgrund dessen
ist es nötig, einen Ersatz für dieses Gebührenwerk zu schaffen. Auf Basis der
BG-GOÄ ist das Gebührenwerk des VDBW weiterentwickelt worden, dass zwar keine
Verbindlichkeit besitzt, aber die Vergütung von Leistungen zu strukturieren
hilft. Die Arbeitsmedizin-Gremien begrüßen insoweit die „GOÄ für Betriebsärzte
- Anwendung für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen“ des
Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. Noch steht eine Angleichung
dieses Werkes in Zusammenarbeit mit dem Gebührenordnungskonzept der
Bundesärztekammer aus. Erst wenn dies erfolgt ist, kann eine derartige
Gebührenordnung von der Bundesärztekammer empfohlen werden.
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