Ein Netzwerk Qualitätssicherung im Gesundheitswesen

Zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben auf dem Gebiet der Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung bedarf es eines geordneten Miteinanders von Entscheidungs- und Expertengremien.

Dazu gibt es den Ausschuss „Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung“ bei der Bundesärztekammer, der dem Vorstand zur Klärung von aktuellen Fragen der Qualitätssicherung und notwendiger Beschlussfassungen unmittelbar beratend zur Seite steht. Dem vorgenannten Ausschuss sind Arbeitskreise ständig zugeordnet (zur personellen Besetzung des Ausschusses und der Arbeitskreise siehe Kapitel „Die Organisation der Bundesärztekammer“).


Abb.: Strukturen auf Bundesebene


Abb.: Aufgabe und Zusammensetzung der Institutionen


Abb.: Strukturen Auf Landesebene

Zur Koordinierung der Aktivitäten der Landesärztekammern und zur Herstellung eines ständigen Informationsflusses zwischen der Landes- und der Bundesebene ist eine Ständige Konferenz Qualitätssicherung bei der Bundesärztekammer eingerichtet.

Durch die gewachsenen Anforderungen an die Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung geht es schon lange nicht mehr ausschließlich darum, in Gremien der Bundesärztekammer eigene Konzepte zur Qualitätssicherung zu entwickeln, vielmehr muss die Bundesärztekammer qualifizierte Arbeit in einem „Netzwerk von Qualitätssicherungseinrichtungen“ leisten und mit allen Beteiligten im Rahmen der SV abstimmen: –Krankenversicherung, Krankenhausträgern sowie anderen ärztlichen und Pflegeverbänden.

Die Zuarbeit für die zahlreichen Einrichtungen, die sich mit Qualitätssicherung befassen muss ebenso konstruktiv wie fachlich fundiert erfolgen. Dabei gilt es Doppelarbeiten zu vermeiden. Welche Schwierigkeiten dabei entstehen, wird zum Teil aus den nachfolgenden Abschnitten deutlich.

Im Einzelnen gestaltet sich die Arbeit für die Bundesärztekammer und die anderen Selbstverwaltungspartner in den jeweiligen Gremien wie folgt:

Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin - AQS

Die AQS wurde 1993 auf Grund einer Empfehlung des 96. Deutsche Ärztetages von der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen mit Unterstützung des Bundesministerium für Gesundheit gegründet.

Die AQS ist mittlerweile durch den § 137 b SGB V gesetzlich fundiert. Der AQS gehören zusätzlich zu den Gründungsorganisationen nunmehr auch der Verband der privaten Krankenversicherung und die Berufsorganisationen der Krankenpflege (vertreten durch den Deutschen Pflegerat) an.

Das Ziel der AQS ist die Förderung der Qualitätssicherung in der medizinischen Versorgung, insbesondere auf der Grundlage der gesetzlichen Aufgaben nach dem fünften Buch des Sozialgesetzbuches, den Kammer- und Heilberufsgesetzen sowie den Landeskrankenhausgesetzen. Die AQS wird nachrangig tätig.

Aufgaben gemäß § 137 b SGB V sind:

    Feststellung des Standes der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen,

    Benennung des Bedarfs zur Weiterentwicklung der Qualitätssicherung,

    Bewertung eingeführter Qualitätssicherungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit,

    Erarbeitung von Empfehlungen für ein an einheitlichen Grundsätzen ausgerichtete sowie sektor- und berufsgruppenübergreifende Qualitätssicherung im Gesundheitswesen,

    Erstellung von Berichten über den Stand der Qualitätssicherung.

Es gibt zurzeit keine andere gesetzlich fundierte Einrichtung, in der alle vorgenannten Organisationen vertreten sind, um gemeinsam über aktuelle Fragen der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu diskutieren und Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) (vormals: Zentralstelle der deutschen Ärzteschaft zur Qualitätssicherung in der Medizin)

Die ÄZQ ist als gemeinsame Einrichtung von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung im März 1995 gegründet worden. Im Juli 1997 ist sie in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts umgewandelt worden. Die Gremien der ÄZQ sind paritätisch von den beiden Trägerorganisationen besetzt.

Ziele der Arbeit der ÄZQ sind die

    Koordination der Arbeit der ärztlichen Spitzenorganisation auf dem Gebiet der Qualitätssicherung,

    wirksame und einheitliche Entwicklung und Ausführung der Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung,

    Berücksichtigung der Interessen der Patienten,

    Kooperation mit Krankenkassen und Krankenhausverbänden.

Der aktuelle Schwerpunkt der Aufgaben liegt in der

    Vorbereitung gemeinsamer Empfehlungen, Regelungen und Stellungnahmen von Bundesärztekammer und KBV,

    Unterstützung von Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Durchführung von Qualitätssicherungsprogrammen,

    Beurteilung und Vorbereitung von wissenschaftlich begründeten und praktisch anwendbaren Leitlinien und Richtlinien für die ärztliche Tätigkeit in der ambulanten und stationären Versorgung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes.


Das Deutsche Leitlinien Clearingverfahren

Vor dem Hintergrund der Fülle internationaler und deutschsprachiger Leitlinien einerseits und der Notwendigkeit, Leitlinien als Steuerungsinstrumente für Qualitätsförderung nutzen zu müssen, wurde im Sommer 1999 die Einrichtung eines Deutschen Leitlinien-Clearingverfahrens vertraglich festgelegt. Träger dieses institutionellen Verfahrens zur „Kritischen Bewertung von Leitlinien“, das bei dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) angesiedelt ist, sind Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kooperationspartner die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenversicherungen.

Die Partner sehen Leitlinien an als

    Hilfen für ärztliche Entscheidungsprozesse im Rahmen einer leistungsfähigen Versorgung der Patienten,

    wesentliche Bestandteile von Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement,

    Instrumente zur Verbesserung der Versorgungsergebnisse, zur Minimierung von Behandlungsrisiken und zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit,

    Hilfen für die ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung.


Aufgaben des Clearingverfahrens sind:

    Bewertung von wichtigen Leitlinien anhand vorab festgelegter Kriterien, ggf. Empfehlungen zur Verbesserung,

    Kennzeichnung der für gut befundenen Leitlinien,

    Monitoring des Fortschreibens von Leitlinien,

    Information über Leitlinien,

    Unterstützung bei der Verbreitung von Leitlinien,

    Koordination von Erfahrungsberichten über bewertete Leitlinien,

    Unterstützung bei der Evaluation von Leitlinien.


Nationales Programm für Versorgungs-Leitlinien bei der Bundesärztekammer (NPL)

Angestoßen durch die Beratungen des Koordinierungsausschusses gem. § 137 f SGB V zur Definition von Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme übernimmt die Bundesärztekammer die Schirmherrschaft über ein „Nationales Programm für Versorgungs-Leitlinien bei der Bundesärztekammer (NPL)“. Strukturierte Behandlungsprogramme müssen auf einheitliche Therapieempfehlungen gestützt werden, für die in Deutschland die notwendigen evidenzbasierten Konsensusleitlinien bislang nicht in jeder Hinsicht zur Verfügung stehen. NPL schafft mit „Versorgungs-Leitlinien“ die inhaltliche Grundlage für Strukturierte Behandlungsprogramme und garantiert die Aktualisierung nach dem besten verfügbaren Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung der Kriterien der evidenzbasierten Medizin.

Bundesgeschäftsstelle QualitätssicherungBQS

Die BQS hat am 1.1.2001 ihre Tätigkeit aufgenommen. Gesellschafter der BQS gGmbH sind die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Bundesärztekammer und der Verband der privaten Krankenversicherung. Aufgabe ist es, die Leitung und Koordination der inhaltlichen Entwicklung und organisatorische Umsetzung der externen vergleichenden Qualitätssicherung nach § 137 SGB V zu übernehmen.

In der BQS werden externe Qualitätssicherungsverfahren organisiert. Außerdem sind die Geschäftsführungsaufgaben für das Qualitätssicherungsverfahren Herz und Kinderherz (vormals bei der Ärztekammer Nordrhein) und das Herzschrittmacherregister übernommen worden. Ferner soll in Zukunft die Qualitätssicherung in der Transplantationsmedizin gemäß den Regelungen des Transplantationsgesetzes realisiert werden. Auf Grund der gesetzlichen Richtlinienkompetenz des Transplantationsgesetzes hat die Bundesärztekammer Qualitätssicherungsrichtlinien beschlossen, die Grundlage des externen Qualitätssicherungsverfahrens sind. Zu einem noch nicht genau festgelegten Zeitpunkt soll die Qualitätssicherung bei der Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzenden Eingriffen zusammen mit der KBV übernommen werden.

Kooperation für Transparenz und Qualität im Krankenhaus (KTQ®)

Auf Grund einer gesonderten freiwilligen Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Bundesärztekammer und dem Deutschen Pflegerat ist dieses Konzept zur Zertifizierung eines internen Qualitätsmanagements von Krankenhäusern entwickelt und zum 01.01.2002 zur Routineanwendung gebracht worden. Gestartet wurde das Projekt eines spezifische Zertifizierungsverfahrens für Krankenhäuser im Jahr 1997. Vergleichbares gibt es in anderen Einrichtungen des Gesundheitswesen nicht. Hier geht es insbesondere um methodische Konzepte. Die Erkenntnisse der BQS fließen auch in die Routinearbeit bei KTQ® ein. Wechselwirkungen werde bewusst erwünscht, jedoch bei Wahrung der jeweils getrennten Vorgehensweisen von externen Vergleichen einerseits und Zertifizierung des internen Qualitätsmanagements von Einrichtungen andererseits.

Auch die Umsetzung des § 137 Abs. 1 Ziffer 1 SGB V, wonach Empfehlungen zur Etablierung von internen Qualitätsmanagementverfahren in Krankenhäusern von den Vertragsbeteiligten zu vereinbaren sind, steht an und wird auf der Grundlage der praktischen Erfahrung mit KTQ® realisiert.

Koordinierungsausschuss

In den §§ 91, 92 SGB V wird der seit langem bestehende Bundesausschuss Ärzte/ Krankenkassen geregelt.

Durch das GKV Gesundheitsreformgesetz 2000 ist mit der Einführung des § 137 e als neues Gremium für die Festlegung von Leistungsinhalten der GKV der Koordinierungsausschuss und in diesem Zusammenhang in § 137 c der Krankenhausausschuss eingeführt worden. Qualitätssicherungsaufgaben hat der Koordinierungsausschuss insofern, als er für Krankheiten, bei denen vermutet wird, dass es eine Über-, Unter- oder Fehlversorgung gibt, Kriterien für eine im Hinblick auf das diagnostische und therapeutische Ziel ausgerichtete zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung festlegen soll. Dabei sind Evidenzbasierte Leitlinien als Grundlage heranzuziehen.

Der Koordinierungsausschuss ist durch vertragliche Vereinbarungen vom 28.06.2001 zwischen Spitzenverbänden der Krankenkassen, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Kassen-zahnärztlicher Bundesvereinigung, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Bundesärztekammer gegründet worden. Er hat sich formal am 24.09.2001 konstituiert und seine Arbeit faktisch am 01.01.2002 aufgenommen, nahezu zeitgleich mit dem Krankenhausausschuss nach § 137 c SGB V.

Durch das Risikostrukturausgleichsgesetz ist dem Koordinierungsausschuss  in § 137 f SGB V ein weiteres Aufgabenfeld – die Definition von Anforderungen von Disease Mangement-Programmmen – zugewachsen, ein neues Thema auch für die Qualitätssicherung.

Darüber hinaus gibt es weitere Einrichtungen und Gremien – das EBM-Netzwerk, das DIMDI u.a., die sich mit Fragen der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen und verwandten Fragestellungen wie dem HTA befassen (s.u.).

© 2003, Bundesärztekammer.