Analyse des Frauenanteils bei verschiedenen Qualifikationsstufen des Faches Humanmedizin in Deutschland

Ein weiterer Themenschwerpunkt der Ärztinnen-Gremien war die Analyse und Bewertung des Frauenanteils bei verschiedenen Qualifikationsstufen des Faches Humanmedizin in Deutschland während der vergangenen zwei Jahrzehnte. Grundlage der Betrachtung waren u.a. die Jahrbücher des Statistischen Bundesamtes. Bei den Qualifikationsstufen Studenten, Examenskandidaten, Promotionen, berufstätige Ärzte und wissenschaftliche Assistenten an Hochschulen ist heute ein um ca. 15 Prozentpunkte höherer Frauenanteil als vor zwanzig Jahren zu finden. Bei den Hochschulassistenten und Habilitationen ist der Frauenanteil allerdings niedriger und während der vergangenen zwanzig Jahre nur wenig, bei den Habilitationen um fünf Prozentpunkte auf zehn Prozent, angestiegen. Bei den Professoren blieb sowohl ihre Gesamtzahl als auch der Frauenanteil konstant. Die Wiedervereinigung hob durch den wesentlich höheren Frauenanteil in der ehemaligen DDR den Frauenanteil in allen Qualifikationsstufen in Gesamtdeutschland an. Es wurde daraus gefolgert, dass das Fehlen von Frauen in gehobenen Positionen der Hochschulen nicht auf deren generelles Fehlen zurückzuführen ist, da ihr Anteil während der vergangenen Jahrzehnte in allen anderen Qualifikationsstufen zugenommen hat, sondern möglicherweise auf die konservative Haltung der Berufungsausschussmitglieder der Hochschulen.

Über diese Analyse hinaus wurden auch Maßnahmen zum Abbau von Frauendiskriminierung in höherer Bildung und Wissenschaft erörtert. Bereits in den 80er Jahren kam es zur Etablierung von Frauenförderrichtlinien und Frauenbeauftragten. Es wurden Mittel für Frauen in Hochschulsonderprogrammen bereitgestellt. In den 90er Jahren wurden Habilitationsstipendien der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellt. Ferner soll ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Realisierung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre“ mit dem Ziel erarbeitet werden, dass bis zum Jahr 2005 zwanzig Prozent weibliche Professoren ihrer Tätigkeit nachgehen können. Eine Studie, die in der Zeitschrift New England Medical Journal im Jahr 2000 veröffentlicht wurde, zeigt, dass mehr weibliche assistant professors als männliche in den Universitäten tätig waren, jedoch signifikant mehr Männer als Frauen full professor wurden. Die Ärztinnen-Gremien folgerten daraus, dass auch in den USA nach wie vor eine Ungleichheit im Karriereaufstieg zwischen Frauen und Männern an medizinischen Fakultäten besteht, obwohl die Zahl der weiblichen Ärzte auf allen Ebenen akademischer Medizin im Zunehmen begriffen ist. Des Weiteren lag eine Studie der Europäischen Kommission vor, die beinhaltet, dass die Frauenförderung an den Hochschulen überraschenderweise in der Türkei am erfolgreichsten ist, Deutschland befindet sich hingegen lediglich auf Platz 17.

Um die Situation von Wissenschaftlerinnen grundsätzlich ändern zu können, waren für die Ärztinnen-Gremien folgende Lösungswege denkbar:

    Bewusstmachung der unzeitgemäßen Geschlechtsrollenschemata,

    Information über den Mechanismus der Geschlechterdiskriminierung,

    Konsequentes Sammeln und Aufarbeiten von Datenmaterialien zur Gleichstellungsfrage in Universitäten, Krankenhäusern etc.,

    Konsequente Verwirklichung der EU-Richtlinien mit strikter Etablierung von Frauenquoten,

    Sammeln und Publik machen von groben Verstößen gegen das Gleichheitsgebot,

    Berufsbegleitende Beratung

    Handbuch zur Karriereplanung für Studentinnen und Ärztinnen


Die Analysen zeigten, dass die Benachteiligung von Frauen erst dann sichtbar greift, wenn es um höhere Positionen geht. Viele Studentinnen sehen dieses Problem noch nicht. Damit diese schon früh für diese Thematik sensibilisiert werden, wurde von den Ärztinnen-Gremien insbesondere die Erarbeitung eines Handbuches zur Karriereplanung als notwendig erachtet.

© 2003, Bundesärztekammer.