Arbeitszeitmodelle in Klinik und Praxis

Das Thema „Etablierung von Arbeitszeitmodellen in der Klinik“ war ein Schwerpunkt der Beratungen der Ärztinnen-Gremien. Auf Grundlage der Analyse eines seit 18 Jahren bewährten Teilzeitmodells der Anästhesie-Abteilung des Kreiskrankenhauses Sinsheim sind von den Ärztinnen-Gremien die Vorteile sowie die Nachteile einschließlich der Kompensationsmöglichkeiten eines Teilzeitmodells wie folgt identifiziert worden: Der Nachteil der kürzeren Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter/-innen am Arbeitsplatz kann ausgeglichen werden, indem präzise Übergaben durchgeführt werden und die Mitarbeiter/-innen möglichst in Zeitblöcken tätig werden. Ferner wird durch eine Teilzeittätigkeit die Weiterbildungszeit verlängert. Die durch die Teilzeit verursachte Verlängerung der Einarbeitungszeit kann durch entsprechenden Einsatz von Weiterbilder und Weiterzubildenden ausgeglichen werden, dafür ist aber eine weit vorausschauende Planung und eine gute Logistik erforderlich. Das generell niedrigere Gehalt von Teilzeitkräften gegenüber Vollzeitkräften kann durch konsequente Bezahlung der Bereitschaftsdienste kompensiert werden. Ebenso kann die geringe Höhe der Sozialleistungen für Teilzeitkräfte durch private Vorsorge ausgeglichen werden. Vor Antritt einer Teilzeitweiterbildungsstelle musste bisher diese von der jeweiligen Ärztekammer genehmigt werden. Dieses Vorgehen der Ärztekammern wurde von den Ärztinnen-Gremien auf den Prüfstand gestellt. Im Rahmen eines Entschließungsantrages auf dem 103. Deutschen Ärztetag wurden die Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer gebeten, diese Vorgehensweise zu überprüfen. Die Prüfung ergab, dass im Rahmen der Novellierung der (Muster-) Weiterbildungsordnung zukünftig die Ärztekammern Teilzeitweiterbildung auch ohne vorherige Bestätigung der Anrechnungsfähigkeit handhaben werden.

Der offensichtliche Vorteil der Teilzeitarbeit zeigt sich durch die höhere Anzahl der Mitarbeiter/-innen und der damit verbundenen größeren Flexibilität beim Ausfall von Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen durch Urlaub und Krankheit sowie der Reduzierung der Anzahl der Bereitschaftsdienste und Überstunden. Die Hauptmotive für Teilzeitarbeit sind: die leichtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Altersteilzeit, Kombination mit ehrenamtlicher Tätigkeit, Fort- und Weiterbildung wie die Qualifizierung in Public Health etc.. Durch die Schaffung zusätzlicher Weiterbildungsstellen und Arbeitsstellen wird zudem die Zahl arbeitsloser Ärzte und Ärztinnen verringert. Ferner ist von Vorteil, dass eine Teilzeitkraft während der kurzen Zeit ihrer Anwesenheit relativ mehr als eine Ganztagskraft leistet, so dass die Arbeit effizienter ist. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter/-innen fördert das Betriebsklima.

Die Vorteile der Teilzeitarbeit überwiegen deren Nachteile bei weitem. Die Kompensation der Nachteile gelingt allerdings nur durch das besondere Engagement der Führungskräfte. Wo dieses besondere Engagement fehlt, lässt sich Teilzeitarbeit in großem Umfang nicht durchsetzen. Das häufige Argument von Krankenhausträgern und Chefärzten, dass Teilzeitarbeit erheblich teurer ist als Vollzeitarbeit, hat sich nach einer Kalkulation der Ärztekammer Berlin vom Mai 1999 nicht bestätigt. Insgesamt betrachtet bietet die Teilzeittätigkeit gegenüber der Vollzeittätigkeit eine überzeugende Alternative.

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