GOÄ-Anwendungsfragen

Im Kalenderjahr 2002 wurden 1454 Anfragen zur Auslegung der Gebührenordnung für Ärzte bei der Bundesärztekammer eingereicht. Die primären Ursachen für die stetig zunehmende Flut von GOÄ-Anwendungsfragen sind in der unzureichenden, in großen Teilen zurückgestellten Novellierung der GOÄ zu sehen. Von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung ist die Ursache in der seither nur stockend in Gang gesetzten Initiative zur Weiterentwicklung der GOÄ, die auf Verordnungsgeberseite vor allen Dingen eine Abstimmung mit den Bundesländern erforderlich macht, zu suchen, sowie in der zeitgleich zugenommenen Innovationsdynamik bei den medizinischen Leistungen. Neben dieser immer größer werdenden Kluft zwischen unzureichend aktualisierter Gebührenordnung für Ärzte, die gemäß § 1 Abs. 1 GOÄ als Vergütungsgrundlage für alle beruflichen Leistungen der Ärzte, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist, zu beachten ist, und der Weiterentwicklung des medizinischen Leistungsspektrums hat insbesondere die seit dem Jahr 2000 zu beobachtende systematische Instrumentalisierung des Zielleistungsprinzips nach § 4 Abs. 2 a GOÄ durch den PKV-Verband zum Zwecke der Ausgabenbegrenzung zu einem sprunghaften Anstieg der Abrechnungsstreitigkeiten geführt. Es ist mehr als fraglich, ob die privaten Krankenversicherungen hierdurch die erhoffte Erzielung von Einsparspotentialen haben verwirklichen können.

Auslegungsfragen zu allgemeinen oder gebührenpositionsspezifischen Bestimmungen betreffen neben Zielleistungskonflikten nach § 4 Abs. 2 a GOÄ und den damit einhergehenden Fragen zur Möglichkeit der Berechnung zweier oder mehrerer Leistungen nebeneinander die Bildung von Analogbewertungen gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ. Die Untätigkeit des Verordnungsgebers bei der Weiterentwicklung des Gebührenverzeichnisses begünstigt die Entwicklung von Falschabrechnungen, denen die Bundesärztekammer durch strikte Wahrnehmung ihrer Ordnungsfunktion, gemäß § 12 Abs. 1 (Muster-)Berufsordnung auf die Angemessenheit der ärztlichen Liquidationen zu achten, begegnet.

Neben den Fällen, in denen die Landesärztekammern die Bundesärztekammer um Unterstützung in GOÄ-Anwendungsfragen einschaltet (329 Fälle im Kalenderjahr 2002), werden weitere GOÄ-Anwendungsfragen von Beihilfestellen, privaten Krankenversicherungen, ärztlichen Berufsverbänden und Fachgesellschaften, einzelnen ärztlichen Leistungserbringern, Patienten und anderen, sowie zunehmend von Gerichten aus dem ganzen Bundesgebiet an die Bundesärztekammer direkt gerichtet. Speziell Fragen zu Analogbewertungen neuerer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 6 Abs. 2 GOÄ, die nach Beihilferecht immer mit der Frage der wissenschaftlichen Anerkennung der neuen, in der GOÄ nicht enthaltenen Untersuchungs- und Behandlungsmethode verknüpft sind, sowie Fragen zur medizinischen Notwendigkeit einer Maßnahme erfordern vor dem Hintergrund der allgemein gestiegenen Anforderungen an die Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien eine eingehende sachverständige Prüfung des wissenschaftlichen und klinischen Stellenwertes der Methode auch bei Einzelanfragen.

Aufklärungsarbeit gegen Falschabrechnung

Die Bundesärztekammer hat ihre Öffentlichkeitsarbeit mit den Zielen der Aufklärung und Prävention gegen Falschabrechnung, Bestandteil des von der Projektgruppe „Abrechnungsbetrug“ des Vorstands der Bundesärztekammer empfohlenen Maßnahmenkatalogs, konsequent fortgesetzt. Unter der Rubrik „VARIA/GOÄ-Ratgeber“ erscheinen im Deutschen Ärzteblatt im zweiwöchentlichen Intervall Artikel zu GOÄ-Anwendungsproblemen, relevanten Gerichtsurteilen zu GOÄ-Auslegungsfragen, und nicht GOÄ-konformen Abrechnungsbeispielen, sowie bei Bedarf zeitnahe Erläuterungen zu Beschlüssen des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer oder des „Zentralen Konsultationsausschusses für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer“, oder auch Kommentare zu ungerechtfertigten, ärztefeindlichen Maßnahmen der Kostenträgerseite. Die Artikelserie kann – aufgrund der vorgegebenen begrenzten Textgröße – ein Thema nicht jeweils erschöpfend behandeln, sondern nur für die Problematik sensibilisieren.

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