Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer

Der Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer, unter Vorsitz von Herrn Dr. med. Alfred Möhrle, Präsident der Landesärztekammer Hessen, veröffentlichte im Kalenderjahr 2002 Abrechnungsempfehlungen zu folgenden medizinischen Leistungen: Hüftgelenksendoprothetik und andere operative Eingriffe am Hüftgelenk, Kniegelenksendoprothetik und andere Eingriffe am Kniegelenk, neuere Operationstechniken bei Hallux valgus, medizinische Trainingstherapie, extrakorporale Stoßwellentherapie bei orthopädischen, chirurgischen oder schmerztherapeutischen Indikationen, radiale Stoßwellentherapie, Refraktionschirurgie mit Excimer-Laser, dermatologische Lasertherapie, photodynamische Diagnostik und Therapie in der Dermatologie, Videoendoskopie in der Gastroenterologie, Videodokumentation von Muttermalen im Sinne einer Krebsvorsorgeuntersuchung, Positronen-Emissions-Tomographie, prächirurgische Epilepsiediagnostik (vgl. Bekanntmachungen Deutsches Ärzteblatt Jg. 99/Heft 3/18.01.2002, Jg. 99/Heft 7/15.02.2002, Jg,99/Heft 45/08.11.2002). Im März 2003 erfolgte die Bekanntmachung zweier weiterer Beschlüsse des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer, zur Abrechnung der photodynamischen Therapie am Augenhintergrund nach GOÄ sowie zur Frage der Abrechnung der Prostatapunktion im Rahmen des Prostatakarzinoms-Screenings nach GOÄ (vgl. Bekanntmachung Deutsches Ärzteblatt Jg.100/Heft 14/04.04.2003). Des weiteren nahm der Ausschuss „Gebührenordnung“ im Geschäftsjahr 2002/2003 Beratungen zu folgenden Themen auf: Reproduktionsmedizinische Leistungen, Schlafapnoe-Diagnostik, Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie, der Einsatz von Endoskopiekapseln in der Gastroenterologie, Abzug von Eröffnungsleistungen bei operativen Eingriffen. Von Seiten der Geschäftsführung wurden zur Vorbereitung von Themen, die zur Beratung im kommenden Geschäftsjahr geplant sind, Arbeitsgespräche mit Fachvertretern der jeweiligen Berufsverbände bzw. Fachgesellschaften zu folgenden Themen aufgenommen: Operative Leistungen in der Urologie, labormedizinische Leistungen in der DNA-Analytik, Osteosynthese-Leistungen in der Unfallchirurgie, neurochirurgische strahlentherapeutische Eingriffe (Radiochirurgie).

Obwohl der Ausschuss „Gebührenordnung“ sich zum Teil in seinen Sitzungen schwerpunktmäßig mit der Entwicklung des Bundesärztekammerkonzepts zur Weiterentwicklung der GOÄ befasst hat (vgl. Deutsches Ärzteblatt Jg. 100/Heft 7/14.02.2003),konnte mit dem dargestellten Spektrum an Beratungsthemen bzw. Beschlüssen GOÄ-Problemfelder mit zum Teil erheblichen Konfliktpotenzial abgedeckt werden. Hierzu zählen insbesondere die operativen Leistungen in der Gelenkchirurgie, deren Aktualisierung im Zuge der Teilnovellierung der GOÄ am 01.01.1996 aus Kapazitätsgründen des BMG zurückgestellt wurde, was zu einer immer größer werdenden Diskrepanz zwischen dem erweiterten operativen Leistungsspektrum in diesem Gebiet, mit differenzierteren, aufwendigeren Behandlungsoptionen, und der eingefrorenen Vergütungshöhe führte, sowie zu zahlreichen Auslegungskonflikten durch Neufassung des Zielleistungsprinzips im § 4 Abs. 2 a GOÄ, aufgrund der Novelle vom 01.01.1996, die zu einem Widerspruch zwischen gebührenrechtlichen Anforderungen und der veralteten Struktur des Gebührenverzeichnis führt. Andere Beratungsthemen hatten besondere Relevanz wegen der Grauzone zwischen ärztlichen und gewerblichen Gesundheitsdienstleistungen, wie die Trainingstherapie, oder aufgrund des großen Medieninteresses, mit dem sie verfolgt werden, wie die Kapselendoskopie. Im Zusammenhang mit der Trainingstherapie war es dem Ausschuss „Gebührenordnung“ ein besonderes Anliegen, den Stellenwert der qualifiziert durchgeführten medizinisch indizierten Trainingstherapie für die rehabilitative Medizin hervorzuheben und mit Unterstützung des Sachverständigenbeirates „GOÄ“ Kriterien für eine sachgemäße Durchführung zu formulieren.

Die Abrechnungsempfehlungen bzw. Beschlüsse des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer stützen sich auf vier Säulen: Prüfung der als zu beachtenden gebührenrechtlichen Aspekte; Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Kalkulationen oder Kostenschätzungen soweit vorhanden; Abwägen möglicher Konsequenzen der Abrechnungsempfehlung für das relationale Gesamtgefüge der GOÄ mit dem Ziel der Vermeidung überproportionaler Dysbalancen; Erörterung des wissenschaftlichen und klinischen Stellenwerts der jeweiligen Methode, ggf. unter Berücksichtigung von Qualitätssicherungsaspekten. Fachvertretern der jeweils betroffenen Fachgesellschaften und Berufsverbände wird die Teilnahme an vorbereitenden Arbeitsgesprächen sowie die Anhörung in den Beratungen des Ausschusses „Gebührenordnung“ angeboten. Zusätzlich zur mündlichen und schriftlichen Sachverständigenanhörung werden Ergebnisse der eigenen Recherche der wissenschaftlichen Literatur durch die Geschäftsführung, einschließlich Leitlinien der AWMF und relevante Informationssegmente aus ggf. vorhandenen HTA-Berichten u. a. in die Diskussion mit einbezogen. Der Sachverständigenbeirat „GOÄ“, dessen Mitglieder namentlich vom Vorstand der Bundesärztekammer berufen werden, unterstützt die Beratungen des Gebührenordnungsausschusses. Der Ausschuss „Gebührenordnung“ setzt mit der intensivierten Aufbereitung der Beratungsthemen hohe Qualitätsmaßstäbe für die privatärztliche Leistungserbringung. Vorwürfe, wie mangelhaftes Qualitätsbewusstsein oder Selbstbedienungsmentalität der Ärzte, flankieren die Zukunftsvisionen und ersten Ansätze der privaten Krankenversicherungen zur Entwicklung von eigenem Gesundheitsmanagement, mit eigenen Behandlungsprogrammen oder Einrichtung von Gesundheitszentren.

Die prioritäre Erörterung und Beschlussfassung zu besonders konfliktreichen Leistungsabschnitten sowie die verstärkte Präsenz des Ausschusses „Gebührenordnung“ haben zu einer nicht unerheblichen Irritation auf Seiten des PKV-Verbandes geführt. In völliger Verkennung der Ausgewogenheit der Beschlüsse des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer und des Interessenausgleichs, der unter Zugrundelegung der Abrechnungsempfehlungen der Bundesärztekammer in vielen Fällen eine außergerichtliche Schlichtung zwischen ärztlichen Leistungserbringer und Patient bzw. Kostenträgerseite ermöglicht, wurde in einer ersten Reaktion in der Verbandszeitschrift des PKV-Verbandes „PKV-Publik“ eine Gegendarstellungsserie zu den Bekanntmachungen der Abrechnungsempfehlungen des Ausschusses „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer gestartet, die von einer extrem einseitigen Auslegung mit dem Ziel einer kostenneutralen Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zeugt, und in der detaillierteren Argumentation stellenweise medizinisch-fachlich falsch ist. (vgl. PKV-Publik Heft 2/02 vom 01.03.2002).

§ 6 Abs. 2 GOÄ stellt eine durch Verordnung implementierte Selbstergänzungsmöglichkeit des privatärztlichen Gebührenverzeichnisses auf dem Wege der Analogbewertung dar. Die von Seiten des PKV-Verbandes beklagte Zunahme an Analogbewertungen ist auf die durch die Untätigkeit des Verordnungsgebers verursachte immer größer werdende Diskrepanz zwischen modernem medizinischen Leistungsspektrum und veraltetem Gebührenverzeichnis zurückzuführen. Diese Entwicklung war mit Abschluss der Teilnovellierung der GOÄ 1996 bereits absehbar, so forderte der Bundesrat im Rahmen seiner diesbezüglichen Stellungnahme (vgl. Bundesratsdrucksache 688/95) die Bundesärztekammer auf, die Entwicklung von Analogbewertungen aktiv wahrzunehmen, um bis auf weiteres auf diesem Wege der unbefriedigenden Situation Abhilfe zu verschaffen, bis Alternativen zum konventionellen Rechtsverordnungsverfahren, das sich zur Weiterentwicklung der GOÄ aus Sicht der Bundesrates als untauglich erwiesen hat, entwickelt sind.

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