Auswirkungen des Fallpauschalengesetzes auf die Privatliquidation im Krankenhaus

Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Entgeltsystems auf der Grundlage diagnosegestützter Fallpauschalen ist die Zukunft der Privatliquidation im Krankenhaus auf der Grundlage der GOÄ mehrfach im Ausschuss Gebührenordnung erörtert worden. Das erhebliche Gefährdungspotential für die GOÄ war bereits im Referentenentwurf zum Fallpauschalengesetz, und zwar in § 16, erkennbar geworden, der eine Weichenstellung dahingehend enthielt, dass die Vergütung wahlärztlicher Leistungen nach Beendigung der sog. Konvergenzphase im Jahre 2007 auf einer anderen Grundlage als der Bundesärzteordnung geregelt werden soll. In einem Schreiben des Präsidenten der Bundesärztekammer an die Bundesministerin für Gesundheit vom 24.07.2001 wurde auf der Grundlage des Beschlusses des 104. Deutschen Ärztetages 2001 in Ludwigshafen die nachdrückliche Ablehnung der Ärzteschaft eines solchen tiefgreifenden Systemwandels in der Vergütung ärztlicher Leistungen am Krankenhaus zum Ausdruck gebracht. Die Gründe für die Beibehaltung des Liquidationsrechtes leitender Krankenhausärzte für stationäre Wahlleistungen auf Grundlage der GOÄ wurden verdeutlicht und die Auswirkungen auf die individuelle ärztliche Verantwortung, den Status des Privatpatienten, die Mitarbeiterhonorierung sowie die Attraktivität der ärztlichen Tätigkeit verdeutlicht. Mit Schreiben vom 31.08.2001 teilte die Bundesgesundheitsministerin mit, dass die politische Meinungsbildung zur Frage, wie die Vergütung wahlärztlicher Leistungen nach Abschluss der Ein- und Überführungsphase des neuen Entgeltsystems in die Struktur der Vergütungs- und Finanzierungsform des Krankenhauses einzupassen, noch nicht abgeschlossen ist, dass jedoch zur Vermeidung weiterer Irritationen, die entsprechende Regelung im Referentenentwurf zunächst entfällt. Damit wurde signalisiert, dass bis auf Weiteres die wahlärztlichen Leistungen in der bisherigen Systematik auf der Grundlage der GOÄ zu berechnen sind, allerdings nicht ausgeschlossen werden kann, dass zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Ablösung der GOÄ als Grundlage für die Liquidation wahlärztlicher Leistungen und Überführung in pauschale Zuschläge gerechnet werden müsse. In dem gleichen Fallpauschalengesetz wurde durch Beschluss des Finanzausschusses des Bundesrates im ersten Durchgang am 09.11.2001 ein neuerlicher Versuch gestartet, die Möglichkeiten der Privatliquidation im Krankenhaus zu schmälern. Diese Beschlussempfehlung zielte nämlich darauf ab, die Liquidationskette im Krankenhaus zu kappen. Dies veranlasste den Präsidenten der Bundesärztekammer erneut zu einer Eingabe an die Bundesministerin für Gesundheit, die sich wiederum dafür einsetzte, dass im Rahmen des anstehenden Fallpauschalengesetzes die Regelung zur wahlärztlichen Vergütung im Krankenhaus nicht geändert wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass – wie oben dargestellt – nach Ablauf der Konvergenzphase im Jahre 2007 im Zuge einer ordnungspolitischen Neustrukturierung der Krankenhausfinanzierung und -vergütung eine andere Systematik, auch zum Privatliquidationsrecht eingeführt wird.

In die Richtung – Abschaffung des Privatliquidationsrechts für wahlärztliche Leistungen –weist auch das Chefarzt-Vertragsmuster der Deutschen Krankenhausgesellschaft, welches im Frühjahr 2002 veröffentlicht worden ist. Darin wird die Linie der DKG, den Chefarzt zum leitenden Angestellten ohne jede freiberufliche Komponente zu machen, fortgesetzt. Nachdem 1996 bei dem damals ausgehandelten Vertragsmuster bereits eine Abkehr von der Einräumung des Privatliquidationsrechts zu Gunsten der Beteiligungsvergütung feststellbar war, spielt im neuen Vertragsmuster das Privatliquidationsrecht keine Rolle mehr. Genehmigte Nebentätigkeiten, die als Dienstaufgaben übertragen werden, sind die Durchführung der Privatambulanz, die Durchführung stationärer Gutachtenaufträge, das Durchgangsarzt-Verfahren, die vertragsärztliche Ermächtigungspraxis sowie die Durchführung von Arzneimittelstudien und – Anwendungsbeobachtungen. Das Vertragsmuster wirft eine Reihe gebühren- und vertragsarztrechtliche Probleme auf, die die Bundesärztekammer veranlasst haben, gemeinsam mit dem Verband der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands und dem Marburger Bund Hinweise und Empfehlungen zu dem Chefarzt Vertragsmuster der DKG – insbesondere Alternativen zu den Kritikpunkten  – aus ärztlicher Sicht zu publizieren (vgl. hierzu Kapitel „Krankenhaus“ Seite...).

Die strategischen Überlegungen zum Erhalt des Privatliquidationsrechtes wahlärztlicher Leistungen sind im Berichtsjahr fortgeführt worden. Dabei ist als wesentliche Option, eine Aktualisierung und Neustrukturierung der GOÄ als maßgebliche Abrechnungsgrundlage gefordert worden, wie dies zahlreiche Eingaben beim zuständigen Bundesministerium für Gesundheit zeigen. Die dadurch zu erreichende größere Rechtssicherheit und die innerärztlich bessere Akzeptanz würden Abrechnungsmissbrauch sowie Fehlinterpretationen verhindern und sind als wesentlicher Schritt zum Erhalt des Privatliquidationsrechtes im Krankenhaus zu sehen. Hinzutreten muss die Sensibilisierung der Ärzteschaft für den Privatliquidationsbereich und die drohenden Risiken, insbesondere soweit es die korrekte Abrechnung nach GOÄ, hier u. a. die Problematik der persönlichen Leistungserbringung betrifft. Auf die entsprechenden Publikationen zu diesem Thema – Deutsches Ärzteblatt, Heft 26 vom 28.06.2002 („GOÄ-Rubrik“) – und in anderen Publikationsorganen sowie die Vortragstätigkeit des Dezernates sei hingewiesen. Die Beratungen zu diesem Gegenstand wurden auch mit Vertretern der Verbände leitender Krankenhausärzte und der privatärztlichen Verrechnungsstellen fortgesetzt, um unter Einbindung weiterer Partner eine gemeinsame Gegenstrategie zu entwickeln. Erkennbar ist, dass einige private Krankenversicherer der vom Bundesgesundheitsministerium favorisierten pauschalen Zuschlagslösung zuneigen, obgleich dadurch der Stellenwert der privatärztlichen Leistungen im Krankenhaus verloren zu gehen droht. Neben den oben dargestellten Maßnahmen gilt es, die Motivation nachgeordneter Ärzte für den Erhalt des Privatliquidationsrechtes im Krankenhaus durch adäquate Pool-Beteiligung zu fördern. Erwogen wird eine intensive Analyse der Folgenabschätzung einer Umstellung der Privatliquidation auf pauschalierte DRG-Zuschläge für alle Beteiligten. Die Sondierungsgespräche sind fortgesetzt worden, wobei die verschiedenen Optionen zur Verzahnung der Privatliquidation mit den DRG's einer noch eingehenden Prüfung der Gebührenordnungsgremien unterzogen werden müssen.

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