BGH-Rechtsprechung zur Honorarminderungspflicht nach § 6 a GOÄ

Im Berichtsjahr erfolgte die höchstrichterliche Klärung der seit Jahren strittigen Auslegung des § 6 a, insbesondere sofern hinzugezogene niedergelassene Konsiliarärzte oder auswärtige Krankenhausärzte Leistungen für einen in stationärer Behandlung in einem benachbarten Krankenhaus untergebrachten Privatpatienten abrechnen. Kein Regelungstatbestand der GOÄ hat die Gerichte mehr beschäftigt als diese Frage, die mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13.06.2002 ein vorläufiges Ende nahm (BGH-Urteil III ZR 186/01 – OLG Düsseldorf, LG Duisburg). Der Leitsatz des BGH-Urteils lautet: „Erbringt ein niedergelassener anderer Arzt auf Veranlassung eines Krankenhausarztes für einen im Krankenhaus behandelten Patienten, der wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart hat, im Zusammenhang mit seiner Behandlung stehende ärztliche Leistungen, unterliegt sein Honoraranspruch nach § 6 a GOÄ auch dann der Gebührenminderung, wenn diese Leistungen in seiner eigenen Praxis und ohne Inanspruchnahme von Einrichtungen, Mitteln und Diensten des Krankenhauses erbracht werden.“

Damit erweiterte der BGH nunmehr die Verpflichtung zur Honorarminderung auf alle externen konsiliarärztlichen Leistungen, die auf Veranlassung eines Krankenhausarztes für einen in stationärer Behandlung befindlichen Patienten, der wahlärztliche Behandlung vereinbart hat, erbracht werden. Damit ist zwar der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen Ärzteschaft und Kostenträgern beendet, allerdings zu Lasten der Ärzteschaft und zu Gunsten von Kostenträgern und Krankenhäusern.

Die beiden früheren Entscheidungen des BGH, wonach die zu Grunde liegenden Sachverhalte als Spezialfälle deklariert worden sind, die auch nur insofern eine Honorarminderungspflicht begründen, haben bis zum Urteil vom 13.06.2002 eine Auslegung gerechtfertigt, die externe konsiliarärztliche Leistungen, die nicht den entschiedenen Sonderfällen entsprechen, zu Recht von der Honorarminderungspflicht ausnahmen, weil sie eben nicht als stationäre Leistungen zu qualifizieren sind, sondern als privatärztliche ambulante Leistungen, die an einem, sich in stationärer Behandlung befindlichen Patienten erbracht werden.

Für das BGH-Urteil maßgebend waren folgende Aspekte: Die Einbettung einzelner extern erbrachter Leistungen in eine stationäre Krankenhausbehandlung; unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen bei der Wahrnehmung konsiliarärztlicher Leistungen für einen stationär untergebrachten Patienten, die sich grundlegend von einer rein ambulanten Tätigkeit des Arztes unterscheiden; die Tatsache, dass der stationäre Patient keine Möglichkeit hat, auf die Höhe des Pflegesatzes einzuwirken; die Bindung des Patienten, der wahlärztliche Leistungen vereinbart hat, auch gegenüber externen Ärzten nach dem Bündelungsprinzip des § 22 Abs. 3 Satz 1 Bundespflegesatzverordnung. Der Vorteil externer Ärzte in der Gewinnung von Patienten und die Wertung, dass sich die wirtschaftliche Belastung des ärztlichen Honorars in Grenzen und im System hält, wie es zwischen ärztlichem Gebührenrecht und Pflegesatzrecht herausgebildet worden ist.

Diese Sichtweise hat die betroffenen Ärzte in Abstimmung mit der Bundesärztekammer veranlasst, Verfassungsbeschwerde gegen dieses höchstrichterliche Urteil einzulegen. Die wesentlichen Gründe, die eine Verletzung der Grundrechte aus der Sicht der Beschwerdeführer darstellen sind: Identische Leistungen werden unterschiedlich vergütet (je nach Fallkonstellation: ambulante Behandlung, Regelleistungspatient, Wahlleistungspatient); Kosten des externen Konsiliararztes für Wahlleistungspatienten sind nicht im allgemeinen Krankenhauspflegesatz enthalten und von daher findet keine Doppelbelastung statt; die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes erkennt an, dass Vergütungsregelungen grundsätzlich geeignet sind, in die Freiheit der Berufsausübung einzugreifen. Die Ursache der Doppel- oder Mehrbelastung ist dort zu beseitigen, wo sie entstanden ist, nämlich innerhalb des Pflegesatzrechtes; die Geringfügigkeit der Vergütungsminderung wird bestritten:15-prozentige Absenkung bei Ärzten, die häufig für externe Leistungen herangezogen werden, erreicht erhebliche Dimensionen; der vom BGH gesehene Vorteil für den konsiliarisch hinzugezogenen Arzt ist nicht zu quantifizieren und sollte damit keinen Einfluss auf die Bewertung haben; die unterstellte Ausschöpfung des Gebührenrahmens gegenüber Privatpatienten und die damit behauptete Besserstellung gegenüber sozialversicherten Patienten verkennt die Bindung an die GOÄ (Honorarprüfung PKV). Die tendenzielle Sozialisierung des Privatsektors mit einer allgemeinen sozialen Rechtfertigung für sozialpolitische Ziele steht in Widerspruch zu § 11 Bundesärzteordnung, der bei der GOÄ den Interessensausgleich gesetzlich verankert.

Eine Wertung der BGH-Rechtsprechung wurde im Deutschen Ärzteblatt, Heft 30, 26.07.2002, Ausgabe A, Seite A 2005-2006  „Ein erneuter Schlag ins Kontor –Bundesgerichtshof erweitert Honorarminderungspflicht auch auf externe konsiliarärztliche Leistungen“ vorgenommen.

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