Gesprächskreis mit der Privaten Krankenversicherung

Neben der Zusammenarbeit im Zentralen Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer finden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Abstimmungsgespräche mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) statt. Im Berichtsjahr fand ein Gespräch mit Vertretern des PKV-Verbandes am 14.03.2002 statt, bei dem die gesundheitspolitische Diskussion um die so gen. „Friedensgrenze“ und das Verhältnis der Ärzteschaft zur privaten Krankenversicherung –einschließlich Honorarpolitik und Weiterentwicklung der GOÄ – Themenschwerpunkte waren. Die zu diesem Zeitpunkt geplante Anhebung der Versicherungspflichtgrenze auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (4500,- monatl., Jahreseinkommen von 54.000 € ) wurde bezüglich ihrer existenziellen Auswirkungen auf die PKV erörtert; berechnet worden sei, dass bis zu 77 Prozent des Neugeschäftes bei freiwillig versicherten Arbeitnehmern wegbrechen würde, denn nur wenig Privatversicherte haben in jungen Jahren, wenn die Entscheidung über die Krankenversicherung ansteht, ein Jahresarbeitsentgelt von 54.000,- € . Wenn die PKV vom Zufluss junger Versicherter abgeschnitten würde, bräche das Finanzierungssystem zusammen, die vorhandenen Versichertenbestände würden „vergreisen“ mit der Folge permanenter Prämienerhöhungen, weil der – auch in einem System mit risikoäquivalenten Beiträgen und kapital gedeckter Finanzierung – notwendige Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken entfallen würde. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze die Finanzierungsprobleme der GKV nicht löst; einerseits würden die „guten Risiken“ der GKV verloren gehen, da vor allem gesunde freiwillig Versicherte bei Ankündigung dieser Maßnahme noch schnell in die PKV wechseln würden, andererseits würden schlechte Risiken, die bislang in der PKV versichert waren, den Wechsel zurück in die GKV wahrnehmen. Der Vertrauensschutz für die 7,5 Millionen Privatversicherten wäre erheblich tangiert, die sich darauf verlassen haben, dass die Leistungsfähigkeit ihrer privaten Krankenversicherung nicht durch politisch begründete Zugangsbeschränkungen gefährdet wird. Wegen der Bedeutung des Privatliquidationsbereiches sieht die PKV in der Ärzteschaft den natürlichen Partner zur Verteidigung der Friedensgrenze.

Die Vertreter der Bundesärztekammer haben die Befürchtungen der PKV hinsichtlich der Gefährdung des PKV-Systems durch Anhebung der Versicherungspflichtgrenze geteilt und sagten zu, die PKV in der Abwehr dieser Finanzierungsoption zu Lasten der PKV zu unterstützen (siehe hierzu Interview von Prof. Hoppe in PKV-Publik vom 14.04.2002). Im Gegenzug wurde allerdings eine Bereinigung des Verhältnisses im Honorarbereich gefordert. Die zunehmend aggressivere Honorarüberprüfungspolitik, die öffentliche Positionierung der PKV zum Abrechnungsmissbrauch gegen die Ärzteschaft und die Forderung der privaten Krankenversicherung, unabhängig von Bindungen an die GOÄ, steuernd in den Behandlungsprozess einzugreifen, wurden als mit einer konstruktiven Zusammenarbeit unvereinbar angesehen. Als Gegenleistung wird seitens der Ärzteschaft erwartet, dass gemeinsam eine Aktualisierung der Vergütungsgrundlage GOÄ gefordert und damit der wesentliche Grund für Fehlinterpretationen und Falschabrechnungen – die veraltete GOÄ – beseitigt wird.

In weiteren – eher informellen – Gesprächen, fanden Beratungen über die jeweilige gesundheitspolitische Situation statt. Der Druck in den PKV-Unternehmen durch Ausgabensteigerungen, insbesondere im Arznei- und Heilmittelbereich, aber auch im ambulanten Bereich wird u. a. verstärkt durch die Situation am Kapitalmarkt, durch die Anpassung der Sterbetafeln an die steigenden Lebenserwartungen, durch die politische Situation mit Blick auf die Versicherungspflichtgrenze. Gemeinsam zu erörtern ist daher die Frage der Weiterentwicklung des privatärztlichen Gebührenrechtes und die mögliche Abstimmung über Eckpunkte zu dieser Weiterentwicklung sowie über die Zukunft des Privatliquidationsrechts im Krankenhaus. Thematisiert wurden auch die Auseinandersetzungen um Abrechnungsempfehlungen der Bundesärztekammer in PKV-Publik, die nicht im Sinne der PKV insgesamt sein können, da betroffene Arztgruppen, die ihre Vorstellungen bei der Bundesärztekammer nicht durchsetzen konnten, die PKV-Kritik zum Anlass nehmen, Abrechnungsempfehlungen der Bundesärztekammer öffentlich zu diskreditieren. Das Vertragskonzept „Best Care“ der Deutschen Krankenversicherungs-AG wurde geprüft; die berufsrechtliche Problematik wurde von der Rechtsabteilung der Bundesärztekammer bewertet. Die massiven rechtlichen Bedenken wurden der Deutschen Krankenversicherung mitgeteilt unter Hinweis auf die Fragwürdigkeit dieser Vertragskonzeption und mit der Forderung, entsprechende Vertragsabschlüsse zu unterlassen. Eine Antwort der DKV steht bislang aus.

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