Reform der Vergütung medizinischer Gutachten

Am 24.10.2002 wurde die Bundesärztekammer zu einem erneuten Arbeitsgespräch über die im Rahmen einer umfassenden Justizkostenreform geplante Änderung bei den medizinischen Sachverständigengutachten eingeladen. Nach Stillstand bei den diesbezüglichen Reformbestrebungen, für die ursprünglich die Vorlage eines Gesetzesentwurfes noch vor Beginn der neuen Legislaturperiode im Oktober 2002 geplant war, hat das Bundesministerium der Justiz nun sein Vorhaben wieder aufgegriffen und informierte die Bundesärztekammer über den aktuellen Sachstand. Unter Reduzierung der einzelnen Vorschriften sollen zukünftig das ZuSEG und das EhrRiEntschG (für die ehrenamtlichen Richter) in einem Gesetz, dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) zusammengefasst werden. Gegenüber dem Dritten Zwischenbericht der Konferenz der Kostenrechtsreferenten vom 17.12.2001 lassen die aktuellen Vorstellungen des Bundesministeriums der Justiz deutliche, und zwar im Hinblick auf die Vergütung der medizinischen Sachverständigengutachten nachteilige Änderungen erkennen: Die im oben genannten Zwischenbericht vom 17.12.2001 genannten Beispielvergütungssätze in Höhe von 50,- (Gruppe I), € 75,- (Gruppe II) und € 100,- (Gruppe III) pro Stunde für die Erstellung eines freien Sachverständigengutachtens wurden als Orientierungswerte voll-ständig zurückgenommen, gleichzeitig wurde die Bundesärztekammer um eine breitere Auffächerung bzw. neue Gruppenaufteilung der medizinischen Gerichtsgutachten gebeten.

Festgehalten wird an dem Konzept der Einteilung der Gutachten in fixe Stundensätze ohne sonstige Erhöhungstatbestände.

Die wiederholten Hinweise von Seiten des Bundesministeriums der Justiz  auf zwischenzeitlich stattgehabte Erhebungen über tatsächlich gezahlte Gerichtsgutachtenpreise als realistische Kalkulationsbasis lassen angesichts des im Vergleich zu den Gutachtenhonoraren anderer Freier Berufe, z.B. der Kfz-Ingenieure, unterdurchschnittlichen Vergütungsniveaus bei den medizinischen Sachverständigengutachten befürchten, dass das Bundesministerium der Justiz eine deutliche Absenkung der Vergütungsgruppen im Vergleich zu den Vorschlägen der Kostenrechtsreferenten der Länder anstrebt.

Nach Wiedereinberufung des Arbeitskreises „JVEG“ am 09.01.2003 sowie unter Einbeziehung der medizinischen Fachgesellschaften und Berufsverbände auf schriftlichem Wege erarbeitete die Bundesärztekammer eine aktuelle Stellungnahme zu den Reformvorstellungen des Bundesministeriums der Justiz, die nach Zustimmung des Vorstands der Bundesärztekammer am 24.01.2003 unverzüglich dem Bundesministerium der Justiz zugeleitet wurde. Die Stellungnahme der Bundesärztekammer ist im Internet abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/30/Gebuehrenordnung/10Aktuelles/ 20030129.html.

Die Bundesärztekammer bringt in ihrer Stellungnahme einleitend ihre Bedenken zum Ausdruck, dass der ursprüngliche Gedanke der Neuorientierung der Bewertungsfindung bei den Gerichtsgutachten an den im außergerichtlichen Bereich üblichen Durchschnittshonoraren aufgegeben werden soll. Dies widerspräche einer zentralen ursprünglichen Intention des Reformvorhabens, der historischen Entwicklung vom ehrenamtlichen Sachverständigen zum hauptberuflich gutachterlich tätigen Experten Rechnung tragen zu wollen, was sich u. a. auch in der Umbenennung des jetzigen „Entschädigungs“-Gesetzes in ein „Vergütungs“-Gesetz widerspiegelt. Die Bundesärztekammer erwartet vom Bundesministerium der Justiz, dass der im Reformvorhaben bislang erkennbare Wille, praxisorientierte, vereinfachte und transparente, aber auch leistungsgerechte Vergütungsstrukturen zu schaffen, weiterhin zum Tragen kommt. Eine Unterschreitung des von der Bundesärztekammer in der untersten Gruppe geforderten Stundensatzes von € 75,- pro Stunde für freie Gutachten ist für die Bundesärztekammer ebenso wenig akzeptabel wie die vom Bundesministerium der Justiz nach wie vor geplante Streichung der Schreibgebühren.

Eine offizielle Reaktion auf die Stellungnahme der Bundesärztekammer war von Seiten des Bundesministeriums der Justiz bei Redaktionsschluss des Tätigkeitsberichtes noch nicht erfolgt.

© 2003, Bundesärztekammer.