Dr. Miller: „Grippeimpfungen in Apotheken sind Schritt in die falsche Richtung“
Stuttgart - Laut jüngst bekannt gewordener Formulierungshilfen zum Pflegebonusgesetz könnten Apotheken künftig einen niedrigschwelligen Zugang zu Grippeschutzimpfungen zur Erhöhung der Impfquote erhalten. Für Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, ist das ein Schritt in die völlig falsche Richtung: „Impfen gehört zur ärztlichen Grundversorgung.“ Jede Impfung erfordere eine individuelle Beschäftigung mit dem Menschen, Wissen um seine gesundheitliche Vorgeschichte und um seine Lebensumstände. All das sei selbstverständlich gegeben beim Hausarzt, beim Betriebsarzt und bei vielen Fachärztinnen und Fachärzten. Schließlich könnten chronische oder akute Erkrankungen im Einzelfall eine Kontraindikation für eine Impfung darstellen. Das zu erkennen und einzuordnen sei ärztliche Grundkompetenz.
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass bestehende Impfangebote in den Apotheken ab Anfang 2022 keinerlei nennenswerten Einfluss auf die Impfbereitschaft der Menschen hatten. Für den Kammerpräsidenten ist damit klar: „Zu keinem Zeitpunkt hat es an impfenden Ärztinnen und Ärzten gefehlt, weder bei der Grippeschutzimpfung in den letzten Jahren noch jetzt bei der Covid-Impfung“.
„Impfen in der Apotheke, das ist für mich ein Schritt in die falsche Richtung,“ sagt Dr. Miller. Und weiter: „Der Gesetzgeber will die hausärztliche Versorgung stärken, eine Versorgung aus einer Hand. Und gleichzeitig soll jetzt mit dem Impfen in Apotheken ein Grundpfeiler aus der Versorgung herausgebrochen werden. Das passt einfach nicht zusammen.“
Ärzteschaft und Patienten seien den Apothekerinnen und Apothekern dankbar für die Arzneimittelversorgung. Aus gutem Grund sei aber die Ausübung der Heilkunde davon unabhängig: „Diese Aufgabenverteilung hat sich bewährt und darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden,“ betont der Kammerpräsident.
Die Anhörung zum Pflegebonusgesetz im Deutschen Bundestag ist für den 27. April 2022 geplant.