Ärztekammer: Staat muss Gesundheitssektor dringend krisenfester machen

Baden-Württemberg

Hohe Energiepreise, Inflation, Angst vor dem „Blackout“ und vor Cyberangriffen: Angesichts der aktuellen Situation hat die Landesärztekammer Baden-Württemberg gefordert, den Gesundheitssektor krisenfester zu machen. Konkret soll der Staat dafür Sorge tragen, dass beispielsweise Kliniken und Arztpraxen bei einem längeren Stromausfall oder bei einem Angriff auf die IT-Systeme weiter funktionstüchtig bleiben. Hierfür sollen schnellstmöglich entsprechende Krisen- und Notfallpläne erstellt werden, die die speziellen Anforderungen von Einrichtungen der ambulanten und stationären Patientenversorgung berücksichtigen.

„Im Gesundheitssektor arbeiten wir mit einer hochsensiblen Infrastruktur, hier geht es um das Wohl der Menschen und um die Rettung von Leben“, erläutert Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Krisen- und Störfälle seien heute leider wahrscheinlicher als in der Vergangenheit. Für den Gesundheitssektor könne das ganz schnell dramatische Folgen haben, wenn beispielsweise Behandlungen und Operationen nicht mehr durchgeführt werden könnten. Kliniken und Arztpraxen bräuchten daher besonderen Schutz, so Dr. Miller weiter. „Ärztinnen und Ärzte müssen in der Lage sein, sich auch in ernsten oder gar Extremsituationen bestmöglich um ihre Patienten zu kümmern und zumindest eine Notfallversorgung sicherzustellen.“

Die Ärztekammer appelliert daher an die politisch Verantwortlichen, die erhöhte „Verwundbarkeit“ der Gesundheitsversorgung mehr als bisher in den Fokus zu nehmen. Die Ärzteschaft weist darauf hin, dass der Gesundheitssektor unter anderem aufgrund der Abhängigkeit von technischen Systemen und Prozessen, der vielen Schnittstellen zwischen verschiedenen Sektoren und der engen Kooperation von Ärztinnen und Ärzten mit anderen Berufsgruppen eine sehr hohe Komplexität aufweist. Notfall- und Krisenpläne müssen diesen Tatsachen Rechnung tragen. „Die Landesregierung hat hier mit der Einsetzung der Enquetekommission für eine krisenfeste Gesellschaft bereits einen wichtigen Schritt gemacht und eine wegweisende Entscheidung getroffen“, lobt Dr. Miller.

Die Standesvertretung macht sich auch dafür stark, den Gesundheitsbereich noch anderweitig krisenfester zu machen – hier vor allem mit Blick auf drohende Kostenexplosionen. Konkret fordert sie das Bundesgesundheitsministerium auf, auch Arztpraxen und andere Akteure des Gesundheitsbereichs in geplante Härtefallregelungen und finanzielle Stützungsmaßnahmen mit einzubeziehen. Die Begründung: Unter anderem stehen die Arztpraxen aktuell durch die inflationsbedingte Steigerung der Praxiskosten, durch die steigenden Energiekosten und durch das beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vor immensen finanziellen Herausforderungen; medizinische Einrichtungen können die stark steigenden Kosten aber nicht einfach wie andere Unternehmen und Dienstleister an Patienten weitergeben.

Es könne nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte neben all den anderen bürokratischen Behinderungen jetzt auch noch immer mehr mit finanziellen Belastungen zu kämpfen haben, betont Kammerpräsident Dr. Miller. „Wenn der Weiterbetrieb von Kliniken, Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen gefährdet ist, ist das ein ebenso sensibler Bereich und geht uns alle etwas an – denn auch hier drohen massive Konsequenzen in der Patientenversorgung.“ Finanzielle Hilfen im Härtefall seien daher seitens der Politik mehr als angebracht, um drohenden Engpässen entgegenzuwirken.

Dr. Miller hält fest: „Ärztinnen und Ärzte und alle anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen haben während der pandemiebedingten Gesundheitskrise gezeigt, was in ihnen steckt. Wir haben uns nicht verweigert. Nun ist die Politik gefragt, für nachfolgende Krisen vorausschauend zu handeln und alles dafür zu tun, den Gesundheitssektor stabil und leistungsfähig zu halten.“

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