Attraktivität der Niederlassung steigern
Dr. Marlene Lessel wirbt als 2.Vizepräsidentin der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) zu Beginn des 82. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetags 2023 in Landshut für den Berufsstand der niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte:
Dr. Marlene Lessel wirbt als 2.Vizepräsidentin der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) zu Beginn des 82. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetags 2023 in Landshut für den Berufsstand der niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte: „Ich bin eine überzeugte niedergelassene Ärztin und schätze es, in der Niederlassung meine Vorstellungen verwirklichen zu können. Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, etwa in den Bereichen Praxisprofil, Personal, Arbeitszeiten, Kooperationen und Investitionen machen trotz Bürokratie und anderer Unwägbarkeiten für mich als selbständige Ärztin das Arbeiten jeden Tag wieder spannend und befriedigend. Insbesondere in der Praxis, ob Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft, lassen sich individuelle Wünsche sehr gut umsetzen sowie Familie und Beruf miteinander vereinbaren.“, so Lessel. Seit einigen Jahren sei die Zahl der niedergelassenen selbständigen Ärzte, einschließlich der Fachärzte, jedoch rückläufig. Dr. Lessel setzt sich deshalb für die Belange der Niederlassung ein: „Ich bin in dieser Amtsperiode eine Stimme für die niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte, vertrete deren Anliegen im Präsidium und im Vorstand und setze ihre Probleme auf unsere Tagesordnung.“ Lessel kritisiert in diesem Zusammenhang dieKommerzialisierungswelle im ambulanten Sektor und fordert, dass einer marktbeherrschenden Stellung von renditeorientierten Investoren vorgebeugt werden muss. Für Ärzte müssten Möglichkeiten geschaffen werden, reibungsloser eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Denn oft bliebe ihnen ansonsten nur die Option, ihr Lebenswerk an ein Medizinisches Versorgungszentrum zu verkaufen, wenn sie in den Ruhestand treten wollten. Um die Attraktivität des Berufsstands der niedergelassenen Fachärzte zu steigern, plädiert die 2. Vizepräsidentin der BLÄK für mehr Engagement der Niedergelassenen in der Weiterbildung: „Wir sollten uns um eine Weiterbildungsbefugnis, gegebenenfalls auch in einem Weiterbildungsverbund, kümmern. Während der Weiterbildung können die jungen Kolleginnen und Kollegen die positiven Aspekte einer Praxistätigkeit erleben und Erfahrungen machen, sodass sie sich gegebenenfalls für eine Niederlassung entscheiden und auch eine Praxis als Inhaberin oder Inhaber fortführen oder neu gründen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Zahl der Weiterbildungsbefugnisse im niedergelassenen, speziell fachärztlichen, Bereich steigt. Eine ausreichende Finanzierung der Weiterbildung im fachärztlichen Bereich steht dabei bereits auf der Agenda.“, so Lessel.
Koordinierungstelle
Die 2. Vizepräsidentin betont, dass der zunehmende Nachwuchsmangel auch ein großes Problem der Fachärzte ist: „Hinzu kommt, dass in verschiedenen Gebieten viele Leistungen inzwischen nicht mehr stationär, sondern im ambulanten Rahmen durchgeführt werden können. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung stehen zunehmend vor dem Problem, nicht alle Weiterbildungsinhalte an einer Weiterbildungsstätte erwerben zu können.“, so Lessel. Vor diesem Hintergrund hätten die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und die BLÄK nach langjährigem intensivem Bemühen zum 1. Januar 2020 die Koordinierungsstelle fachärztliche Weiterbildung (KoStF) eingerichtet. Nachdem die Corona-Pandemie die Aktivitäten der KostF zunächst etwas gebremst habe, seien mittlerweile erste Erfolge zu verbuchen: „Die Koordinierungsstelle leistet einen wichtigen Beitrag, um unsere fachärztliche Weiterbildung zu stärken und fachärztlichen Nachwuchs zu gewinnen. Inzwischen sind neun fachärztliche Weiterbildungsverbünde etabliert worden“, erläutert Lessel.
Qualitätssicherung
Anschließend erläutert Lessel die Aufgaben der BLÄK im Bereich der ärztlichen Qualitätssicherung. Die BLÄK sei vom Gesetzgeber u. a. mit der Qualitätssicherung (QS) für die Hämotherapie und Reproduktionsmedizin betraut worden. Für die Hämotherapie bestehe ein von der BLÄK jährlich durchgeführtes QS-Verfahren in Form einer Überprüfung von zirka 230 stationären und 140 ambulanten Einrichtungen und der Durchführung von zertifizierten Fortbildungen, Schulungen und Qualifizierungsverfahren für die transfundierenden Ärzte. „Für die 22 In vitro-Fertilitätszentren in Bayern wurde ein Verfahren zur Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit weiteren 15 Ärztekammern im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Qualitätssicherung Reproduktionsmedizin eingerichtet. Dies bedeutet eine jährlich ein- bis zweimalige Überprüfung der Zentren durch die BLÄK unter Anwendung von Qualitätsindikatoren, die in der Arbeitsgemeinschaft konsentiert sind“, erklärt Dr. Lessel. Auf der Grundlage der Strahlenschutzverordnung (§ 128 in der Fassung vom 31.12.2018) sei die BLÄK mit der „Ärztlichen Stelle“ zur Überprüfung der mit radioaktiver und Röntgen-Strahlung arbeitenden Kliniken und Arztpraxen verpflichtet. Hier sei ein Stab von 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Leitung einer erfahrenen Ärztin für die Qualitätssicherung von insgesamt 770 Einrichtungen der Röntgendiagnostik (privatärztlich tätige Praxen und Kliniken), 115 nuklearmedizinischen Einrichtungen, 78 Kliniken und Praxen der Strahlentherapie, einschließlich 18 Röntgentherapieeinrichtungen, 214 Osteodensitometrie-Anbietern und 127 Eirichtungen mit Teleradiologie tätig. Bei den genannten QS-Verfahren wirkten jeweils von der BLÄK ernannte Fachexpertinnen und Fachexperten beratend mit.
Gutachterstelle
Die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen sei im April 1975 gegründet worden, um Patientinnen und Patienten sowie Ärzte bei der Klärung eines Behandlungsfehlervorwurfs und einer außergerichtlichen Einigung zu unterstützen. Lessel betreue die daran angebundene Gutachterkommission der BLÄK. „Vom 1. Juni 2022 bis zum 31. Mai 2023 nahm die Gutachterstelle der BLÄK insgesamt 932 Anträge auf Überprüfung einer ärztlichen Behandlung an. Damit ist die Zahl der kumulierten Anträge rückläufig im Vergleich zum Vorjahr (1006 Anträge). Ein Blick auf die Bundesebene zeigt, dass auch dort die Anträge aller anderen ständischen Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen seit Jahren leicht sinkt“, erläutert Lessel. „Wir konnten feststellen, dass ebenso die Behandlungsfehlerquote im Vergleich zum Vorjahr (27 Prozent) leicht gesunken ist und aktuell bei 25 Prozent liegt. Dieser Prozentsatz bewegt sich weiterhin im Bereich der Behandlungsfehlerquote auf Bundesebene, welche bei rund 24 Prozent liegt, laut der aktuellsten Behandlungsfehler-Statistik der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen von 2021.“ Die meisten Anträge auf Überprüfung der Behandlung seien für den Fachbereich der Orthopädie gestellt worden, gefolgt von der Unfallchirurgie und der Allgemeinchirurgie. Die mit Abstand häufigsten Vorwürfe hätten – wie seit Jahren – die operativen Therapien betroffen.