Deutschsprachige Ärzteorganisationen fordern wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme zu Corona-Schutzmaßnahmen
Wien - Im Rahmen der 66. Konsultativtagung der deutschsprachigen Ärzteorganisationen am 2. und 3. Juli 2021 in Wien mit Vertretern aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol und Luxemburg wurde folgendes Communiqué verabschiedet:
Pandemien werden in kürzeren Abständen auftreten und sich in einer globalisierten Welt schneller denn je ausbreiten. Die Politik ist deshalb aufgefordert, aus der Corona-Pandemie die Lehre zu ziehen, umfängliche Pandemiepläne zu entwickeln und auch regelmäßig zu testen. Grundlage sollte eine sachliche Fehleranalyse in allen Ländern sein: Welche Strukturen haben sich bewährt, welche Maßnahmen waren erfolgreich und welche Defizite sind offensichtlich geworden? Diese Leitfragen sollten Grundlage für die Entwicklung von Pandemieplänen sein, wie auch für notwendige Langzeitstudien. Zudem muss die Verknüpfung von Impfdaten mit den Daten zu den COVID-Erkrankungen erfolgen, um Impfdurchbrüche zeitnah zu erkennen und entsprechende Anpassungen bei Impfstoffen rasch umzusetzen. Die anonymisierte Verknüpfung von Medikamentendaten mit Daten zu Erkrankungen kann helfen, rasch Medikamente zu identifizieren, die eine Genesung unterstützen. Politisches Handeln in der Pandemie braucht anders als bisher eine breite, gesicherte wissenschaftliche Basis. Die Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Ärzteschaft und politischen Entscheidungsträgern ist dabei zentral, denn nur so kann wissenschaftliche Expertise in den gesellschaftspolitischen Diskurs eingebracht werden.
Ebenso ist es essenziell, über Studien aufzuzeigen, welche Langzeitfolgen und Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung aufgetreten sind – auf physischer ebenso wie auf psychischer und sozialer Ebene. Die Ärzteorganisationen warnen vor langfristigen, gravierenden Kollateraleffekten infolge sozialer Isolation; diese Folgen gilt es insbesondere für Kinder wie für ältere Menschen genauestens zu analysieren.
Nur eine wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme mit detaillierter Fehleranalyse kann als Basis für angemessene Schutzmaßnahmen zukünftiger Pandemien dienen, um nicht erneut mit undifferenzierten Lockdown-Maßnahmen medizinische wie gesellschaftliche Verwerfungen zu riskieren.
Weiters muss es Ziel sein, dass Europa künftig im Bereich wichtiger Medizinprodukte und Arzneimittel sowie in der medizinischen Forschung und Entwicklung möglichst unabhängig agieren kann. Dann erst kann Europa zügig auf Gesundheitskrisen reagieren und eine hohe Qualität in der Versorgung auch in Pandemiezeiten sicherstellen.
An der Konsultativtagung, die einmal jährlich stattfindet, nahmen neben Vertretern der Bundesärztekammer Repräsentanten der Österreichischen Ärztekammer, der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, des Collège Médical in Luxemburg sowie der Ärzte- und Zahnärztekammer der Autonomen Provinz Bozen teil.
Communiqué der 66. Konsultativtagung der deutschsprachigen Ärzteorganisationen