Familie und Beruf unter einen Hut bringen

Bayern

„Seit vielen Jahren weisen wir immer wieder darauf­hin, dass ein Ärzteman­gel droht bezie­hungs­weise in manchen Regi­o­nen bereits Reali­tät ist. Umso wich­ti­ger ist es, dass insbe­son­dere Ärztin­nen und Pfle­ge­kräfte Fami­lie und Beruf unter einen Hut brin­gen können“, erklärte Dr. Bern­hard Junge-Hülsing, Vize­prä­si­dent der Baye­ri­schen Landes­ärz­te­kam­mer (BLÄK).

„Wir brau­chen in Bayern eine flächen­de­ckende Kinder­be­treu­ung für alle Gesund­heits­be­rufe – in der Ärzte­schaft und in der Pflege – die auch die Nächte mit abdeckt“, forderte Junge-Hülsing. Nur so könne sicher­ge­stellt werden, dass Mütter und Väter ihre verfüg­bare Arbeits­zeit möglichst gut für die Pati­en­ten­ver­sor­gung einset­zen können. Die Orga­ni­sa­tion der Kinder­be­treu­ung sei eine Herku­le­s­auf­gabe und bringe vor allem viele Frauen und Allein­er­zie­hende (Männer und Frauen) in eine Zwick­mühle. Die Medi­zin werde weib­li­cher, das zeige sich bereits deut­lich in Bayern: In der Alter­sklasse bis 40 Jahre sind bereits 57 Prozent Ärztin­nen. Ohne Frauen würde das Gesund­heits­sys­tem bereits zusam­men­bre­chen, deshalb sieht Junge-Hülsing hier drin­gen­den Hand­lungs­be­darf.

Flick­werk bei der Gebüh­ren­ord­nung für Ärzte (GOÄ)
Das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit (BGM) hat im Sommer 2022 bestä­tigt, dass die GOÄ das medi­zi­ni­sche Leis­tungs­ge­sche­hen nicht mehr hinrei­chend abbilde. Das sei unbe­strit­ten und es gelte sowohl in Bezug auf die Leis­tungs­be­schrei­bun­gen als auch hinsicht­lich der Bewer­tung der ärzt­li­chen Leis­tun­gen. „Wir müssen mit einem alten GOÄ-Flick­werk arbei­ten, weil die neue GOÄ vom Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter blockiert wird“, beklagte der Vize­prä­si­dent. Die neue GOÄ müsse endlich umge­setzt werden, vor allem in Hinblick auf den medi­zi­ni­schen Fort­s­chritt. Viele neue medi­zi­ni­schen Leis­tun­gen ließen sich in der alten GOÄ gar nicht abbil­den. Neben dem Infla­ti­ons­aus­gleich müss­ten endlich auch neue Fach­ge­biete wie Phon­ia­trie und Pädau­dio­lo­gie, Physi­ka­li­sche Medi­zin und Reha­bi­li­ta­tion sowie Psycho­the­ra­pie entspre­chend berück­sich­tigt werden. Die Unzu­läng­lich­kei­ten der alten GOÄ zeig­ten sich auch in der gestie­ge­nen Nach­frage von Pati­en­ten: Die BLÄK erhielt zwischen Juni 2021 und Mai 2022 537 schrift­li­che Anfra­gen und 2.156 tele­fo­ni­sche Erst­an­rufe zur GOÄ.

Wich­tige Suizid­prä­ven­tion
Der Deut­sche Bundes­tag hat bereits im Juni 2022 in erster Lesung Initia­ti­ven zur Reform der Ster­be­hilfe bera­ten. „Leben ist lebens­wert – deshalb darf das Recht auf selbst­be­stimm­tes Ster­ben auf keinen Fall dazu führen, dass Pati­en­ten in Lebens­kri­sen in der Selbst­tö­tung den einzi­gen Ausweg sehen. Es darf außer­dem kein impli­zier­ter Druck auf ältere Menschen und Kranke entste­hen“, bekräf­tige Junge-Hülsing. Eine ärzt­li­che und psycho­the­ra­peu­ti­sche Suizid­prä­ven­tion sei unbe­dingt notwen­dig und die vorhan­de­nen Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­an­ge­bote müss­ten ausge­baut werden. Vor allem, wenn der Bundes­tag aufgrund des Urteils des Bundes­ge­richts­ho­fes zum § 216 Straf­ge­setz­buch die aktu­ell disku­tierte Neure­ge­lung der Ster­be­hilfe umsetze.

Gutachter­stelle für Arzt­haf­tungs­fra­gen
Die Gutachter­stelle für Arzt­haf­tungs­fra­gen bei der BLÄK ist seit 1975 Ansprech­part­ner zur Klärung eines Behand­lungs­feh­ler­vor­wurfs für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten sowie Ärztin­nen und Ärzten. Die im Berichts­zeit­raum Juni 2021 bis Mai 2022 fest­ge­stellte Behand­lungs­feh­ler­quote der abge­schlos­se­nen Verfah­ren sank von 31 auf 27 Prozent. Sie entspricht in etwa der Behand­lungs­feh­ler­quote auf Bundes­ebene. In den vergan­ge­nen zehn Jahren lag die Fehler­quote in Bayern zwischen 23 und 31 Prozent.

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