Hemmschwelle für aggressives Verhalten gesunken
Berlin - Verbale und körperliche Gewalt gegenüber Ärztinnen und Ärzte sowie andere Gesundheitsberufen nimmt zu. „Die Gereiztheit ist weit verbreitet, und die Schwelle, an der sie übergeht in Aggression, ist gesunken“, betonte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt bei einer Gesprächsrunde zum Thema „Hass und Gewalt in Zeiten der Pandemie“, im Berliner Schloss Bellevue. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte Gäste aus Medizin, Kommunalpolitik, Polizei und Zivilgesellschaft geladen, um sich mit ihnen über ihre Erfahrungen mit Gewalt im Berufsalltag auszutauschen.
Aus Sicht von Reinhardt zeige sich die zunehmende Aggressivität auch darin, dass die von den Landesärztekammern angebotenen Deeskalationskurse immer mehr nachgefragt würden. „Wir werten das als eindeutigen Hinweis darauf, dass das Bedürfnis danach deutlich gewachsen ist“, erklärte er.
In den Praxen seien vor allem die Medizinischen Fachangestellten für viele Patientinnen und Patienten der „Prellbock“, sagte Reinhardt. Sie würden den Corona-Frust beider Seiten erleben – derjenigen, die nicht schnell genug mit der Impfung drankommen, wie auch der anderen, die in den Praxen ihren Unmut über Corona-Regelungen abladen. Er forderte deshalb seine Kolleginnen und Kollegen auf, in solchen Situationen einzugreifen. „Da muss man sich als Arzt schützend vor seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen“, betonte BÄK-Präsident Reinhardt.
Der Umgang miteinander sollte insgesamt höflicher sein, appellierte Reinhardt und wies darauf hin, dass es Gewalt gegen helfende Menschen wie Rettungskräfte schon in Zeiten vor der Pandemie gegeben habe.