Montgomery: „Hauruck-Verfahren bei Widerspruchslösung würde die Menschen verunsichern“
Berlin - „Für die Menschen auf der Warteliste ist es höchste Zeit, dass der Gesetzgeber die strukturellen Hürden für die Organspende in Deutschland beseitigt. Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende kommen wir hier ein großes Stück weiter.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery vor der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Gesundheitsausschusses zum Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes“ am kommenden Mittwoch.
„Die Entnahmekrankenhäuser betreiben einen erheblichen Aufwand, bleiben aber häufig auf ihren Kosten sitzen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Organentnahme in Zukunft ausreichend finanziert wird“, betonte Montgomery. Ebenso notwendig sei eine bundeseinheitliche Freistellungsregelung für die Transplantationsbeauftragten. Sie könne Transplantationsbeauftragten dabei helfen, sich voll auf ihre Aufgaben zu konzentrieren.
Montgomery begrüßte, dass die Regierung die Frage der Widerspruchslösung aus der Gesetzesinitiative ausgeklammert hat. „Bei der Widerspruchslösung geht es um ein hochsensibles Thema, das ethische, religiöse und verfassungsrechtliche Fragen berührt. Daher muss die Debatte in der ganzen gesellschaftlichen Breite geführt und dann aus der Mitte des Bundestags heraus entschieden werden. Ein Hauruck-Verfahren würde die Menschen verunsichern. Im Interesse der Patienten auf der Warteliste sollte das unbedingt vermieden werden.“
In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu dem Entwurf bezeichnet die Bundesärztekammer (BÄK) die Gesetzesinitiative als geeignet, die Organspende als Gemeinschaftsaufgabe „in einem plural organisierten Transplantationswesen weiter zu stärken“. Nach Auffassung der BÄK könne sie mit dazu beitragen, den Menschen auf der Warteliste deutlich bessere Lebenschancen zu eröffnen. Unter anderem hebt die BÄK die vorgesehene Einrichtung eines neurologischen konsiliarärztlichen Bereitschaftsdienstes hervor. Dadurch würden die Entnahmekrankenhäuser bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls besser unterstützt. Für die Menschen auf der Warteliste könne so eine größtmögliche Identifikation potentieller Organ‐ und Gewebespender erreicht werden. Allerdings sei die für die Einrichtung des neurologischen konsiliarärztlichen Bereitschaftsdienstes vorgesehene Frist deutlich zu knapp bemessen. Die Bundesärztekammer schlägt vor, die Frist um ein Jahr, bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern.