Reinhardt: Forschung über Infektionsverläufe intensivieren
Berlin - Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hält weitere Forschungsvorhaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie für unerlässlich. Insbesondere müsse man die jüngsten regionalen Ausbrüche analysieren, um daraus für eine mögliche zweite Infektionswelle wichtige Informationen über Infektionsverläufe und Risikogruppen zu generieren. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse könne man deutlich passgenauere und spezifischere Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung ergreifen, „ohne das gesamte Wirtschaftsleben lahmzulegen und das Gesundheitswesen allein auf dieses eine Thema Corona zu fokussieren“, sagte Reinhardt in einem Interview mit dem Ärztlichen Nachrichtendienst (04.06.2020).
Insgesamt, so Reinhardt, sei man in Deutschland bisher gut durch die Krise gekommen. Das liege vor allem an der im Vergleich zu anderen Ländern hohen Anzahl an Intensivbetten, an den frühen und häufigen Tests und an dem sehr leistungsfähigen ambulanten System. „Die gute Versorgung führt dazu, dass zum Beispiel Hypertoniker, Diabetiker oder prinzipiell chronisch erkrankte Menschen aufgrund der Betreuungsdichte gut eingestellt und versorgt sind“, so Reinhardt. Dies trage mit dazu bei, das Risiko für schwere Verläufe zu senken.
Dennoch gebe es einiges zu tun, um für die Zukunft noch besser gerüstet zu sein. So fordert Reinhardt zum Beispiel besser ausgebaute Informationsstrukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Auch müsse nun endlich die lange angekündigte Tracing-App kommen.
In den Kliniken müssten Personal und Kapazitäten nicht nur erhalten bleiben, sondern ausgebaut werden. Klinikschließungen und Bettenabbau – wie in der Vergangenheit oft empfohlen – könnten bei der nächsten Pandemie ähnliche Verhältnisse in Deutschland erzeugen, wie es sie in anderen Ländern gab. „Wir müssen als Gesellschaft darüber diskutieren, ob wir uns einen gewissen Überhang an Kapazität auch in Nicht-Pandemiezeiten leisten und auch bezahlen sollten – um im Falle eines Falles handlungsfähig zu sein“, forderte Reinhardt.
Das vollständige Interview finden Sie hier.