Sachsen-Anhalt: Schritte zur Normalisierung aus ärztlicher Sicht dringend erforderlich
Magdeburg - Die heutige Kammerversammlung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt wurde auch vom Corona-Virus bestimmt. So sehen die Ärzte nach Einschätzung der Gesamtsituation einen deutlichen Spielraum für die Rückkehr zur Normalität im Land. "Eine Pandemie geht zwingend mit Einschränkungen einher. Sachsen-Anhalts Bürger haben die Maßnahmen frühzeitig und durchweg besonnen umgesetzt. Dadurch haben wir uns eine Situation geschaffen, die noch über die ohnehin gute gesamtdeutsche Situation hinausgeht", stellt die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. Simone Heinemann-Meerz, fest. Dies schaffe die Möglichkeit mit Augenmaß einen couragierten und zügigen Exit-Weg aus den Einschränkungen zu wählen.
Nach Ansicht der Ärzteschaft ist ein Lockdown mit Einschränkungen verbunden, die in vielen Bereichen auch negative gesundheitliche Auswirkungen auf die Bürger haben: Verschiebung von ärztlichen Behandlungen, Belastungen durch reale oder befürchtete Arbeitsplatzverluste, mögliche Konflikte in der Häuslichkeit und die Ausblendung anderer Gesundheitsrisiken oder notwendiger Impfungen oder die Verringerung sportlicher Betätigungen. Sport und Kultur erfüllen in unserem Land auch eine wichtige soziale Funktion. Hier müssen vernünftige und transparente Entscheidungen getroffen werden.
Die ausschließliche Online-Lehre (Video, App, Webinar etc.) ist auf Dauer für die Wissensvermittlung nicht ausreichend. Man muss davon ausgehen, dass die Qualität und der Lernerfolg darunter erheblich leiden. Wir fordern, die Studenten rasch wieder in die Präsenzveranstaltungen und die Schüler in die Schule zu lassen.
Besonders hart sind die Bewohner in Pflegeheimen und die Schwerstkranken in Rehakliniken betroffen. Die soziale Isolation macht viele Therapieerfolge zunichte. Hier müssen schleunigst menschenwürdige Lösungen her.
Die Kammerversammlung hat sich zudem mehrheitlich für die Priorisierung von Abstandsregeln ausgesprochen. Zur Erkenntnisgewinnung ist es zudem erstrebenswert, eine möglichst hohe Zahl der Covid-19 infizierten Verstorbenen zu obduzieren.
Sachsen-Anhalt war lange das Bundesland ohne Infizierte. Die bundes- und landesweiten Einschränkungen sind zurecht frühzeitig eingeführt worden. "So ergibt sich für uns eine besondere regionale Situation. Diese müssen wir selbstverständlich weiter beobachten und dürfen sie nicht unterschätzen. Aktuell können wir aber auch aus ärztlicher Sicht nicht mehr von einer Situation ausgehen, welche die Beschränkungen noch in der jetzigen Form rechtfertigen.
Mit geeigneten Konzepten sind für Sachsen-Anhalt weitreichendere Lockerungen möglich als in anderen Regionen", so die Kammerpräsidentin. Die Ärztekammer bietet der Politik daher für die Erarbeitung zukünftiger Konzepte ihre Zusammenarbeit und Expertise an.