Stärkung der Gesundheitsämter – Ein Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit
„Arme Menschen sterben früher. Bei Frauen beträgt die Differenz bei der Lebenserwartung etwa vier Jahre; bei Männern liegt sie sogar bei mehr als acht Jahren. Das ist in einer wohlhabenden und hoch entwickelten Gesellschaft wie der unsrigen nicht hinnehmbar. Daher muss hier dringend politisch gegengesteuert werden. Der Öffentliche Gesundheitsdienst kann dabei eine wichtige Rolle spielen", betont Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), anlässlich des Tages des Gesundheitsamtes am 19. März 2024.
Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Soziale Ungleichheit und Gesundheit“. Gesundheitsämter seien für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zentral, so Reinhardt. Sozial benachteiligte Menschen stünden als wichtige Zielgruppe für den öffentlichen Gesundheitsdienst im Fokus der täglichen Arbeit in den Städten, den Kommunen und ländlichen Regionen. Damit die Gesundheitsämter diese wichtigen Aufgaben erfüllen können, müssten sie konsequent gestärkt und besser finanziell und personell ausgestattet werden. Neben modernen Kommunikationssystemen seien Anreize für Ärztinnen und Ärzte notwendig, um in den Gesundheitsämtern tätig zu werden. Dazu zähle beispielsweise eine tariflich abgesicherte, arztspezifische Vergütung für Amtsärzte. Außerdem müsse die im Rahmen des Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst vorgesehene Förderung über das Jahr 2026 hinaus weitergeführt werden.
Christine Neumann-Grutzeck, Co-Vorsitzende der BÄK-Arbeitsgruppe „Öffentlicher Gesundheitsdienst“, ergänzt: „Menschen mit niedrigem Sozialstatus leiden darüber hinaus sehr viel häufiger und früher an Herz-Kreislauf-, Atemwegs- oder Krebserkrankungen. Zudem nehmen sie individuelle Präventionsangebote seltener in Anspruch. Auch hier hat der Öffentliche Gesundheitsdienst eine Schlüsselfunktion, insbesondere bei der unmittelbaren Ansprache und Versorgung sozial Benachteiligter vor Ort.“
Neben der nachhaltigen Finanzierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes solle daher auch dessen Verzahnung mit der ärztlichen Regelversorgung gestärkt werden, sagte Rudolf Henke, ebenfalls Co-Vorsitzender der BÄK-Arbeitsgruppe „Öffentlicher Gesundheitsdienst“. Er sprach sich außerdem für einen Ausbau der Kooperation zwischen medizinischen Stellen und Sozial- und Bildungseinrichtungen aus, insbesondere in benachteiligten und strukturschwachen Regionen. Hierfür gebe es bereits zahlreiche gute Praxisbeispiele. Diese müssten jedoch auch regelhaft finanziert werden, um nachhaltig wirken zu können.
Die Bundesärztekammer richtet am 12. Juni 2024 eine Fachtagung zum Thema „Public Health vor Ort: Gegenwart und Zukunft eines krisenfesten Öffentlichen Gesundheitsdienstes“ in Berlin aus.