Westfalen-Lippe: Ärztekammer warnt vor Sorglosigkeit und fordert neue Strukturen für die Patientenversorgung in Pandemie-Zeiten – Gehle für einen Landes-Pandemierat als zentrales und koordinierendes Management-Organ
Münster - „Die Ankündigungen, dass es gegebenenfalls bald Corona-Impfstoffe geben wird, darf uns nicht zur Sorglosigkeit im Umgang mit dem Virus verleiten“, erklärt der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Dr. Hans-Albert Gehle. Vielmehr sei es notwendig, in Nordrhein-Westfalen neue Strukturen zu schaffen, um die Patientenversorgung in Pandemie-Zeiten langfristig sicherzustellen. „Unser Ziel ist es, zukünftig eine Pandemie schnell eindämmen und beherrschen zu können“, so der ÄKWL-Präsident. „Dazu brauchen wir einen Pandemierat als zentrales Gremium, das bei der Bekämpfung von Infektionswellen leitlinienähnliche Vorgaben machen kann, die dann konzeptionell in regionalen Versorgungsverbünden angepasst und umgesetzt werden.“
Unter der immensen Beanspruchung der Krankenhäuser bei der Versorgung von COVID-19-Patienten leide die Behandlung von Patienten mit anderen Erkrankungen derzeit stark. „Wir benötigen eine Neuorientierung des Gesundheitssystems, da uns Infektionskrankheiten auch nach Corona begleiten werden. Ein Fahren auf Sicht wird auf Dauer nicht ausreichen“, fordert Gehle. Eine strukturelle Neuaufstellung muss nach Meinung der ÄKWL spätestens jetzt beginnen und entsprechend finanziell unterstützt werden. Die Behandlung infektiöser Patienten sei schon zu lange „quasi nebenbei“ passiert. Sie erfordere aber zusätzliche räumliche und personelle Ressourcen, die gegenfinanziert sein müssten, denn die Behandlung dieser Patienten sei sowohl ambulant als auch stationär hoch aufwendig. Schon im März und April des Jahres hatten sich die Kammerversammlung der ÄKWL sowie der Vorstand der Kammer dafür ausgesprochen, die Strukturen des Infektionsschutzes in NRW neu aufzustellen.
Nun wiederholt die ÄKWL ihre Forderung: Für außergewöhnliche infektiologische Ereignisse müsse auf Landesebene ein Pandemierat als zentrales und koordinierendes Management-Organ geschaffen werden. Diesem Pandemierat sollen neben Vertretern der Ärzteschaft und der Gesundheitsfachberufe auch Vertreter der Kliniken und Krankenkassen, des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie der Landes- und Kommunalpolitik angehören. Bei deren Arbeit stünden die organisatorischen Abläufe, die Einleitung erster Schritte im Ausbruchsfall, die Koordinierung der Maßnahmen mit allen Beteiligten und die Krisenkommunikation im Vordergrund. In den regionalen Versorgungsverbünden soll die Pandemie-Versorgung zwischen Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen, Öffentlichem Gesundheitsdienst, Universitätsklinika, Krankenkassen, Bezirksregierungen und Landschaftsverbänden dann auf Basis der Vorgaben des Pandemierats regional abgesprochen und realisiert werden.