Fertilitätserhalt: Bundesärztekammer legt überarbeitete Richtlinie vor
Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) hat die „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion“ umschrieben fortgeschrieben. Die Richtlinie stellt nun auch den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Kryokonservierung von weiblichen und männlichen Keimzellen oder Keimzellgewebe wegen keimzellschädigender Therapie oder bei angeborenen (genetischen) Erkrankungen mit einem hohen Risiko für eine Fertilitätseinschränkung fest.
Durch das im Mai 2019 in Kraft getretene Terminservice- und Versorgungsgesetz wurde der Anspruch gesetzlich Versicherter auf die Kostenübernahme einer Kryokonservierung von Keimzellen oder Keimzellgewebe vor einer keimzellschädigenden Therapie eingeführt. Angesichts dessen hat der Vorstand der Bundesärztekammer auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK im Rahmen der turnusgemäß im Jahr 2019 durchgeführten Aktualitätsprüfung eine umschriebene Fortschreibung der Richtlinie beschlossen. Entsprechend diesem Auftrag hat der Ständige Arbeitskreis „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistierten Reproduktion" den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft bezüglich der Kryokonservierung von Keimzellen sowie Keimzellgewebe ergänzt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Information und Aufklärung.
„Die Betroffenen befinden sich durch ihre Vorerkrankungen bereits in einer schwierigen Situation, in der es besonders sensibel sein kann, das Thema Fertilitätsprotektion anzusprechen“, erklärt Prof. Dr. Jan-Steffen Krüssel, Federführender im für die Richtlinie zuständigen Arbeitskreis.
Neben medizinischen Fragestellungen, wie altersentsprechenden Untersuchungen, genetischen Dispositionen, differenzierten biologischen Merkmalen, möglichen Risiken sowie psychischen Belastungen, müssten auch komplexe rechtliche Vorgaben beachtet werden.
Im Rahmen der Fortschreibung wurden zudem redaktionelle Anpassungen der Richtlinie vorgenommen. So wird im Interesse der Verfahrenstransparenz im Anhang der Richtlinie der Beratungsablauf der umschriebenen Fortschreibung dargestellt.
Mit der nun vorliegenden umgeschriebenen Richtlinie übernimmt die Ärzteschaft weiterhin Verantwortung in einem Bereich, der durch unterschiedliche Belange, resultierend aus vielen eingebundenen medizinischen Disziplinen, heterogenen soziokulturellen Hintergründen und enormen medizinischen Fortschritten eine besonders differenzierte Betrachtung erfordert. So geht das ärztliche Handeln in der Reproduktionsmedizin Hand in Hand mit vielen Regelungen, die unter anderem vom Verfassungsrecht, Sozialrecht, Transplantationsgesetz, Familienrecht sowie ärztlichem Berufsrecht geprägt werden.
„Angesichts dieser Ausgangslage soll die Richtlinie die verschiedenen Regelungen auf gesetzlicher und untergesetzlicher Ebene konkretisieren und den Beteiligten somit die notwendige Rechtssicherheit geben“, so Krüssel.