Ärztlicher Nachwuchsförderung höchste Priorität beimessen
Berlin - „Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Ärztinnen und Ärzte für ein funktionierendes Gesundheitswesen und damit für unser gesamtes gesellschaftliches Wohlergehen sind. Die konsequente ärztliche Nachwuchsförderung und bessere Ausbildungsbedingungen gehören deshalb dringend auf die politischen Agenden von Bund und Ländern.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Vorstellung der aktuellen Ärztestatistik. Nach den Daten der Bundesärztekammer stieg zwar die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte (+1,7%) sowie die der Facharztanerkennungen (+0,6%), jedoch fiel der Zuwachs deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Bei den jungen Ärztinnen und Ärzten aus dem Inland, die sich erstmalig bei einer (Landes-)Ärztekammer anmeldeten, verzeichnet die Statistik sogar einen Rückgang um 1,1 Prozent.
„Wir betrachten diese Entwicklung mit Sorge. Denn wir brauchen dringend eine ausreichende Anzahl von Ärztinnen und Ärzten, um die Folgen des anhaltenden Trends zur Teilzeitarbeit, des steigenden Durchschnittsalters der Ärzteschaft und des demografischen Wandels zu bewältigen. Sinkt die Zahl der zur Verfügung stehenden Arztstunden, wird das nicht gelingen“, warnte Reinhardt mit Blick auf den hohen Behandlungsbedarf in einer älter werdenden Gesellschaft. Unabhängig von Corona kommt es in den Praxen zu rund einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten pro Jahr. Für den stationären Bereich meldet das Statistische Bundesamt für das letzte Erhebungsjahr 2019 rund 19,4 Millionen Behandlungsfälle. Deutschland ist eine der ältesten Gesellschaften der Welt. Und in den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Anstieg des Behandlungsbedarfs zu rechnen. Derzeit prognostiziert das Statistische Bundesamt bis zum Jahr 2040 eine Steigerung des Bevölkerungsanteils der über 67-jährigen um bis zu 42 Prozent.
Ein Lichtblick ist immerhin die Anzahl von Ärztinnen und Ärzten bei den Gesundheitsämtern, die im Jahr 2020 um 14 Prozent auf knapp 3.000 anstieg.
Das gebremste Wachstum betrifft fast alle Bereiche der Gesundheitsversorgung: Bei den im Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzten gab es ein Plus von 2,3 Prozent (Vorjahr: +2,7%). Die Zahl der ambulant tätigen Ärzte stieg um 1,0 Prozent (Vorjahr: +1,6%). Am stärksten war der Einbruch des Wachstums in sonstigen Tätigkeitsbereichen (+1,3%; Vorjahr: +6,2%).
Auch bei den Facharztanerkennungen fiel der Zuwachs im Jahr 2020 geringer aus. Er stieg lediglich um 0,6 Prozent (Vorjahr: +3,3%) auf knapp 14.000 an.
Für etwas Entlastung konnte die Zuwanderung aus dem Ausland sorgen. So ist die Zahl der in Deutschland gemeldeten ausländischen Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2020 um 6,8 Prozent (Vorjahr: +7,9%) auf rund 56.000 Personen gestiegen. Treibende Kraft waren dabei Ärzte aus Ländern außerhalb der EU (+11,1 Prozent; Vorjahr: 11,9%). Bei den Ärzten aus EU-Ländern war ein Plus von lediglich 1,5 Prozent zu verzeichnen (Vorjahr: +3,3%).
Ebenfalls vorteilhaft wirkt sich der deutliche Rückgang der ins Ausland abwandernden Ärztinnen und Ärzte aus. Im Jahr 2020 wanderten mit knapp 1.700 Personen rund zehn Prozent weniger Ärzte ab als noch im Vorjahr. Insbesondere die Abwanderung von Ärzten mit deutscher Staatsangehörigkeit ging um rund 17 Prozent auf rund 900 Personen zurück. Die beliebtesten Zielländer waren, wie in den Vorjahren, die Schweiz und Österreich.
Sorge bereitet weiterhin die Entwicklung des Altersdurchschnitts der deutschen Ärzteschaft. So bestätigen die aktuell erfassten Zahlen die Tendenz zur Stagnation des Anteils der Ärztinnen und Ärzte unter 35 Jahre (19,1%; Vorjahr: 18,9%). Der Anteil der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, steigt kontinuierlich an. Knapp 34.000 Ärzte (8,2% aller berufstätigen Ärzte; Vorjahr: 8,0%) erreichten bereits das 66. Lebensjahr und somit das Renteneintrittsalter. Weitere knapp 52.000 berufstätige Ärzte (12,6% aller berufstätigen Ärzte; Vorjahr: 12,2%) sind zwischen 60 und 65 Jahre alt. Der Anteil der Ärzte, die sich mittlerweile im Ruhestand befinden, stieg im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent an.