Assistierter Suizid: Prävention sollte im Vordergrund stehen

Hamburg

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags entscheiden heute über eine Neuregelung der Sterbehilfe in Deutschland. Zur Abstimmung stehen zwei Gesetzentwürfe. Die Ärztekammer Hamburg vermisst bei beiden Vorschlägen ausreichende Maßnahmen zur Suizid-Prävention. „Sowohl der restriktive Ansatz der Gruppe um die Abgeordneten Castellucci und Heveling als auch der offenere Vorschlag von Künast und Helling-Plahr äußern sich nur unzureichend zur Suizidprävention. Das ist umso schwerwiegender, wenn man bedenkt, dass die überwiegende Mehrzahl der Suizide hierzulande Folge einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression, sind. Flächendeckende und gut erreichbare Präventionsangebote müssten daher eigentlich vor einer Neuregelung der Sterbehilfe aufgebaut werden, mindestens aber parallel dazu. Genau das sehen die beiden Entwürfe aber nicht vor“, so Kammerpräsident Dr. Pedram Emami.

PD Dr. Birgit Wulff, Vizepräsidentin der Kammer, sieht zudem den Zeitpunkt der Beratung kritisch. „Grundsätzlich ist es gut, wenn wir zu einer klaren Regelung der Sterbehilfe in Deutschland kommen. Nicht nachvollziehbar ist für mich aber, eine so wichtige Entscheidung unmittelbar vor der parlamentarischen Sommerpause herbeizuführen. Wir bräuchten zu diesem Thema eine breite gesellschaftliche Debatte. Die kann unter diesen Umständen nicht angemessen stattfinden“, sagte Wulff. Eine Regelung zur Sterbehilfe sollte Wulff zufolge auch gewährleisten, dass der Entschluss für einen Suizid aus eigener Verantwortung und ohne Zwang zustande gekommen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe in Deutschland aufgehoben. Zugleich hat das Gericht dem Gesetzgeber aufgegeben, eine Neuregelung für den assistierten Suizid zu finden. An diesem Donnerstag wird der Bundestag über zwei Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe entscheiden. Der Vorschlag der Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) sieht vor, Sterbehilfe grundsätzlich unter Strafe zu stellen und diese nur in Ausnahmefällen zu erlauben. Damit wäre eine Regelung geschaffen, die dem Schwangerschaftsabbruch ähnelt.

Der Vorschlag der Gruppe um die Abgeordneten Renate Künast (Grüne) und Katrin Helling-Plahr (FDP) sieht eine Norm außerhalb des Strafrechts vor. Sterbewilligen soll der Zugang zu tödlichen Medikamenten ermöglicht werden, nachdem sie eine ergebnisoffene Beratung durch eine anerkannte Beratungsstelle in Anspruch genommen haben.

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