Baden-Württemberg: In den Sommerferien handeln, Schulschließungen im Herbst vermeiden

Baden-Württemberg

Stuttgart - In den Ferien handeln, um Corona-bedingte Schul- und Kitaschließungen im Herbst zu vermeiden: Darauf dringt die Landesärztekammer Baden-Württemberg kurz vor dem Start der Sommerferien im Land. „Kinder und Jugendliche haben massiv unter den Corona-Beschränkungen gelitten“, sagt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. „Daher müssen entsprechende Maßnahmen und Aktionspläne unbedingt jetzt zur Ferienzeit auf den Weg gebracht werden, um ihnen weitere Einschränkungen ihrer Lebenswelt zu ersparen.“

Kinder und Jugendliche haben in der Zeit der Corona-Pandemie unter anderem durch Schul- und Kitaschließungen sowie durch Kontaktbeschränkungen mit erschwertem Lernen, erschwertem Kontakteknüpfen und sozialer Isolation zu kämpfen gehabt. Das Erleben wichtiger Entwicklungsphasen war mit großen Schwierigkeiten verbunden, in der Folge wurden psychische und körperliche Auffälligkeiten bei ihnen deutlich häufiger diagnostiziert als vor der Pandemie. Die Landesärztekammer setzt sich daher dafür ein, dass Kinder und Jugendliche wichtige Bildungs- und Entwicklungsschritte nun so uneingeschränkt wie möglich wahrnehmen können. „Wir müssen Kindern und Jugendlichen bei unserem Handeln jetzt oberste Priorität einräumen“, unterstreicht Dr. Miller im Namen der baden-württembergischen Ärzteschaft.

Einbau von Luftfiltern, konsequente Testungen an Schulen und Kitas, aber auch logistische Überlegungen, wie beispielsweise Gedränge in Schulbussen vermieden werden kann, sind wichtige Bausteine der Pandemiebekämpfung. Bereits diese Maßnahmen sorgen mit dafür, dass Corona-Infektionen verhindert oder schnell entdeckt werden. Entscheider vor Ort sind daher aufgefordert, entsprechende Konzepte schnell in die praktische Umsetzung zu bringen.

Ebenfalls wichtig sind die Corona-Schutzimpfungen. Die Landesärztekammer appelliert an alle Erwachsenen, jetzt und auch in den Ferien das Impfangebot wahrzunehmen – zum Schutz der Kinder und zum Eigenschutz. Jede Immunisierung helfe, das Virus zurückzudrängen und schwere Verläufe bestmöglich zu vermeiden, so Kammerpräsident Dr. Miller. Die Impfkampagne müsse intensiv weitergefahren und Impfangebote niedrigschwellig bereitgestellt werden, um weitere Lockdowns sowie Schul- und Kitaschließungen im Herbst zu vermeiden.

Hinsichtlich der Impfungen von Kindern und Jugendlichen hat die Ständige Impfkommission (STIKO) aktuell noch keine allgemeine Impf-Empfehlung ausgesprochen. Sie empfiehlt die Immunisierung zurzeit nur beim Vorliegen bestimmter Vorerkrankungen, auch wenn die Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) schon im vergangenen Mai die Prüfung und Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren abgeschlossen hat.

Die Landesärztekammer spricht sich für einen differenzierten Umgang mit diesem sensiblen Thema aus, um den individuellen Lebenslagen von Heranwachsenden gerecht werden zu können. „Eltern, Kinder und die behandelnden Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte sollten nach entsprechender Aufklärung und Abwägung aller Argumente gemeinsam eine Entscheidung treffen“, sagt Dr. Miller. Wichtig seien dabei die Kriterien Selbstbestimmtheit, Betrachtung des Einzelfalls und enge Einbindung der Ärzteschaft. So sei es möglich, sich faktenbasiert und guten Gewissens gegebenenfalls für eine Impfung zu entscheiden. „Die Ärztinnen und Ärzte im Land stehen Eltern und jungen Menschen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite“, betont Dr. Miller. Die mitunter laut geäußerte Kritik an der STIKO kann der Kammerpräsident nicht nachvollziehen: Das Gremium sei mit ausgewiesenen Fachexpertinnen und -experten besetzt und ein wichtiges Standbein beim Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Für die Wahrnehmung dieser verantwortungsvollen Aufgabe müsse man dankbar sein; Polemik sei fehl am Platz. 

Falls die STIKO beim Vorliegen neuer Erkenntnisse Impfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren ohne Einschränkungen empfehlen sollte, ist nach Ansicht der Landesärztekammer Tempo geboten. In diesem Fall gelte es, auch die jüngere Zielgruppe flächendeckend und niedrigschwellig mit einer Impfkampagne zu erreichen, um sie vor Corona-Beschränkungen beim oder nach dem Schulstart zu schützen, so Dr. Miller. „Das sind wir Kindern und Jugendlichen nach all den Entbehrungen schuldig.“

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