BÄK: „Gesundheit ist ein Menschenrecht“
Berlin - Alle Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf eine vorurteilsfreie Gesundheitsversorgung – unabhängig von der Art ihrer Erkrankung, ihrem sozialen Status, ihrer Herkunft, ihrer Nationalität und ihrem Aufenthaltsstatus. Auf diese Kernaussage der ärztlichen Berufsordnung weist die Bundesärztekammer (BÄK) anlässlich des Tages der Menschenrechte hin. Die BÄK begrüßt ausdrücklich die Ankündigung der künftigen Bundesregierung im Koalitionsvertrag, für Menschen mit ungeklärtem Versicherungsstatus, wie insbesondere Wohnungslose, den Zugang zur Krankenversicherung und zur Versorgung im Sinne der Betroffenen klären zu wollen. Positiv sei außerdem, dass die neue Bundesregierung die Meldepflichten von Menschen ohne Papiere überarbeiten will, damit Kranke nicht von einer Behandlung abgehalten werden.
Die Wahrung der Menschenrechte in der medizinischen Versorgung ist ein Kernanliegen der Bundesärztekammer. Um für das Recht auf angemessene medizinische Behandlung für alle Menschen zu sensibilisieren hat die Bundesärztekammer bereits vor 25 Jahren das Amt eines Vorstandsbeauftragten für Menschenrechte eingerichtet. Anlässlich dieses Jubiläums hat der Vorstand der Bundesärztekammer in einer Resolution betont, dass es Aufgabe des Gesetzgebers sei, notwendige Gesundheitsdienste und -leistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen zugänglich zu machen und entsprechende rechtliche sowie finanzielle Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Auch der 124. Deutsche Ärztetag hatte sich in diesem Jahr mit der Thematik befasst und klargestellt, dass die Gewährleistung der Notfallbehandlung unabhängig vom Versicherten- oder Aufenthaltsstatus zentraler Bestandteil des ärztlichen Selbstverständnisses sei. Weisungen der kaufmännischen Leitung von Kliniken, wie beispielsweise die Vorauszahlung eines Pauschbetrages als Bedingung für die Notfallbehandlung für Menschen mit ungeklärtem Versichertenstatus vorsehen, müssen Ärztinnen und Ärzte „auch im Rahmen ihrer Dienstverträge nicht entgegennehmen“, so der Ärztetag.
Nachfolgend die Resolution des Bundesärztekammer-Vorstandes im Wortlaut:
Resolution des Vorstands der Bundesärztekammer
25 Jahre Menschenrechtsbeauftragter
„Gesundheit ist ein Menschenrecht“
„Menschen haben das Recht auf notwendige und angemessene medizinische Behandlungen. Um für dieses Recht zu sensibilisieren, hat der Vorstand der Bundesärztekammer vor 25 Jahren im April 1996 beschlossen, das Amt eines Beauftragten für Menschenrechte beim Vorstand der Bundesärztekammer einzurichten.
Die Beachtung der Menschenrechte und die Wahrung der Menschlichkeit, wie auch im Genfer Gelöbnis definiert, sind fester Bestandteil der ärztlichen Berufsausübung und Profession. Dennoch sind Menschenrechte in der Medizin nicht automatisch geschützt, wie die Zeit des Nationalsozialismus offenbart, als die verfasste Ärzteschaft sich einer menschenverachtenden Ideologie angeschlossen hatte. Die Verstrickungen von Ärztinnen und Ärzten in die Verbrechen des Nationalsozialismus sind der Ärzteschaft in Deutschland Mahnung und Auftrag zugleich, Intoleranz, Diskriminierung und Ausgrenzung nicht zu dulden sowie Hass und Gewalt entschieden entgegentreten.
Das Menschenrecht auf gesundheitliche Versorgung ist für alle Menschen umzusetzen. Aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) ergibt sich die Pflicht des Staates, ein tragfähiges Gesundheitssystem zu schaffen. Schutz und Wiederherstellung der Gesundheit stehen in § 1 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä). Die Berufsordnung beinhaltet das Recht eines jeden Menschen auf eine vorurteilsfreie Versorgung – unabhängig von Erkrankung, sozialem Status, Herkunft, Nationalität und Aufenthaltsstatus.
Ärztinnen und Ärzte dürfen an der Ausübung des Berufes nicht gehindert werden. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, notwendige Gesundheitsdienste und -leistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen zugänglich zu machen und entsprechende rechtliche sowie finanzielle Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen. Darüber hinaus sind präventive Schutzvorkehrungen zur Bekämpfung der wachsenden Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte in der direkten Patient-Arzt-Interaktion zu schaffen.
Gesundheitsversorgung ist eine genuin staatliche Aufgabe und kann nicht von der Zivilgesellschaft voll umfassend abgedeckt werden. Ehrenamtliche Strukturen können nicht die gleiche Verbindlichkeit für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz herstellen und zudem nicht in gleicher Weise auf eine besondere Gefährdungslage – z. B. in einer Pandemie – reagieren, wie Strukturen im Regelsystem.
Es ist ärztliche Aufgabe, jeden Menschen gleich zu behandeln. Alle Ärztinnen und Ärzte haben sich zu diesem ethischen Grundsatz bekannt. Das Recht auf Gesundheit als ein Menschenrecht in Vollendung umzusetzen, kann nur mit gesellschaftlicher und gesetzgeberischer Unterstützung gelingen.“