Botzlar fordert mehr Mut bei Krankenhausreform
Mehr Mut bei der Krankenhausreform fordert Dr. Andreas Botzlar, 1. Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), im Vorfeld des 82. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetags von Bund und Ländern:
„Die geplante Einführung einer Vorhaltevergütung für die Kliniken begrüße ich. Denn dadurch könnten Krankenhausstrukturen künftig unabhängig von der Leistungserbringung bereitgestellt werden. Aktuell sollen die Fallpauschalen aber zu Gunsten einer Vorhaltevergütung lediglich abgesenkt werden. Auf diese Weise wirken aber Fehlanreize weiter, die schon bisher zu massiven Fehlentwicklungen in unserem Gesundheitssystem geführt haben“. Derzeit tendierten Kliniken dazu, eine möglichst hohe Zahl renditeträchtiger Fälle zu behandeln und weniger den tatsächlichen Versorgungsbedarf von Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. „Deshalb braucht es bei der Krankenhausreform eindeutig mehr Mut von Bund und Ländern“, so Botzlar. Außerdem werde das Nebeneinander zweier Finanzierungssysteme zu deutlich mehr Kontrollbürokratie führen – und Ärztinnen und Ärzten noch mehr Zeit stehlen, die sie besser für die Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten einsetzen könnten.
Dabei sei der Berufsalltag der Ärzte in den Krankenhäusern bereits heute von einer stetigen Arbeitsverdichtung geprägt. „Klinikärzte sind durch eine überaus hohe Anzahl von Überstunden und zu viele Nacht- und Wochenenddienste chronisch überlastet“, erklärt der 1. Vizepräsident. So leisteten gemäß einer Umfrage des Instituts für Qualitätsmessung und Evaluation (2022) unter 8.464 angestellten Ärzten, die zu etwa 90 Prozent in Akutkrankenhäusern und Reha-Kliniken arbeiteten, 19 Prozent der Befragten zehn bis 19 Überstunden pro Woche. Dabei gehe ein erheblicher Teil der Arbeitszeit durch administrative Tätigkeiten wie Datenerfassung und Dokumentation verloren, im Mittel drei Stunden pro Tag. Etwa 25 Prozent der Befragten erwögen aus diesen Gründen eine Aufgabe ihrer ärztlichen Tätigkeit. „Die Krankenhäuser benötigen deshalb unbedingt eine patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung, einen vollständigen Ausstieg aus dem Fallpauschalensystem und die komplette Übernahme ihrer für Infrastruktur, Personal und Technik aufgewendeten Vorhaltekosten“, so Botzlar weiter.
Krankenhaus-Transparenzverzeichnis darf nicht zu überbordender Bürokratie führen
Mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz“ möchte die Bundesregierung Patienten dabei unterstützen, sich über das Leistungsgeschehen von Krankenhäusern angemessen zu informieren und selbstbestimmte Entscheidungen für die jeweilige Behandlung zu treffen. Dieses Ziel werde durch den aktuellen Entwurf nicht erreicht, kritisiert Botzlar: „Solange die für ein Transparenzverzeichnis vorgesehenen Leistungsgruppen den Kliniken nicht aufgrund von verbindlichen Qualitätskriterien zugewiesen werden, können Patienten den Veröffentlichungen keine verlässlichen Qualitätsinformationen entnehmen“.
Auch die für die Patienten entscheidende Frage, wann eine Personalausstattung für eine gute Patientenversorgung ausreiche, lasse der Entwurf aktuell noch offen. Ebenso müssten im Sinne des Bürokratieabbaus neue, kleinteilige Meldepflichten für die Krankenhäuser und die Ärzteschaft vermieden werden.
Geflüchtete rasch mit elektronischen Gesundheitskarten ausstatten
„Die medizinische Versorgung der nach Bayern geflüchteten Menschen ist eine vordringliche Aufgabe für uns Ärzte und muss ohne großen bürokratischen Aufwand möglich sein. Erneut appelliere ich deshalb an die Bayerische Staatsregierung, auf eine rasche Zuteilung von elektronischen Gesundheitskarten (eGK) an alle Geflüchteten im Freistaat hinzuwirken“, erklärt Botzlar. Während Geflüchtete in manchen Bundesländern, wie Berlin oder Hamburg, bereits kurzfristig eine eGK erhielten, sei dies in Bayern nicht der Fall. Dort bekämen Geflüchtete nach ihrer Ankunft im Regelfall zunächst sogenannte Berechtigungsscheine für den Arztbesuch. Die Übertragung der darin enthaltenen Daten in die EDV von Praxen und Kliniken sei jedoch enorm aufwändig und fehleranfällig. „Gleichzeitig halte ich die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Juli 2023 vorgeschlagene Alternativlösung, Behandlungsscheine „maschinenlesbar“ zu machen, nicht für zielführend. Dafür müssten zusätzliche technische Voraussetzungen in den Gesundheitseinrichtungen geschaffen werden, die nur weiteren Verwaltungsaufwand bedeuten würden“, so Botzlar.