Der Europäische Gesundheitsdatenraum und seine Auswirkungen auf das Arzt-Patientenverhältnis
Über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) diskutieren am kommenden Dienstag Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK) gemeinsam mit Europapolitikern und Verbänden. Die Debatte über den Vorschlag der EU-Kommission hat auch Deutschland erreicht. Die EU will Gesundheitsdaten der Forschung und Industrie europaweit zugänglich machen.
Doch wie wirkt sich der EHDS auf die berufliche Schweigepflicht aus? Wie ist es um die Patientenautonomie bestellt und was bedeuten die Pläne für das Vertrauensverhältnis in der Arzt-Patientenbeziehung? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt der Brüsseler „Morning Rounds“, zu denen KBV und BÄK am 28. März 2023 einladen. Die Veranstaltung wird ab 9 Uhr online in englischer Sprache übertragen.
Dazu erklärt Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, im Vorfeld: „Der EHDS, so wie er jetzt geplant ist, wird erhebliche Auswirkungen auf uns alle haben – egal ob Ärzte, Psychotherapeuten oder Patienten. Auch wenn wir die Ziele des EHDS generell begrüßen, darf sich ein solcher Datenraum nicht negativ auf die Versorgung hierzulande auswirken. Das vertrauensvolle Arzt-Patientenverhältnis sowie die ärztliche Schweigepflicht sind hohe Güter, die wir unter keinen Umständen aufs Spiel setzen dürfen. Deshalb sprechen wir uns unter anderem für eine Opt-Out-Lösung für Patientinnen und Patienten aus. Auch den Praxen darf kein zusätzlicher Aufwand entstehen. Eine Doppelstruktur parallel zu nationalen Lösungen lehnen wir ab.“
BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt befürwortet grundsätzlich die Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken. „Der Europäische Gesundheitsdatenraum wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn er Patienten und Ärzten deutliche Vorteile bietet. Ärzte haben nicht die Zeit für einen Nebenjob als Datenlieferanten für Forscher, Politiker und Entwickler von Produkten und Algorithmen. Die Übertragung eines Patientengesprächs oder einer Untersuchung in strukturierte Datensätze kostet Zeit, die für den Patientenkontakt fehlt und somit der Gesundheitsversorgung schadet. Das schlimmste Szenario aber wäre, wenn Patienten aus Angst vor dem Missbrauch ihrer Gesundheitsdaten nicht mehr ihren Arzt aufsuchen würden. Der EHDS muss sich das Vertrauen und die Akzeptanz der Patienten und der Ärzte erst verdienen. Dies erfordert auch den Einsatz geeigneter technischer Mittel, um Sicherheit und Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.“