Die Digitalstrategie braucht eine Umsetzungsstrategie

Digitalisierung

Zu der heute vorgestellten sogenannten Digitalstrategie für das Gesundheitswesen erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:

„Es ist absolut richtig und zu unterstützen, dass der Fokus der gematik zukünftig auf die Nutzerorientierung gelegt und endlich digitale Anwendungen mit einem echten medizinischen Mehrwert entwickelt werden sollen. Es ist aber absurd, dass nun ausgerechnet diejenigen Akteure vollständig aus der gematik gedrängt werden sollen, die sich seit vielen Jahren für genau diese Ziele einsetzen. Um es klar auszudrücken: Schon bisher kann das Bundesgesundheitsministerium über die Mehrheit seiner Gesellschafteranteile in der gematik alle Entscheidungen treffen. Geholfen hat das wenig, weil man nicht ausreichend auf die Praktiker der Versorgung gehört hat. Nun möchte man diese Stimmen offenbar ganz ausblenden. Damit droht sich zu verschärfen, was schon bisher galt: Wir haben ein Problem bei der Qualität der Entwicklung und Testung der digitalen Anwendungen und deren Umsetzung durch entsprechende Software. Diese Probleme lassen sich nur lösen, wenn diejenigen in die weitere Ausarbeitung einbezogen werden, die tagtäglich mit diesen Anwendungen arbeiten.

Die Ärzteschaft steht inhaltlich hinter der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Sie wird aber nur dann Erfolg haben, wenn die Digitalisierung sowohl Patienten als auch Ärzten spürbar nutzt. Am Beispiel der elektronischen Patientenakte heißt das: Sie muss sowohl die Sicherheit der Patientendaten gewährleisten als auch eine praktikable Befüllung und einen einfachen Zugriff auf die in der Akte abgelegten Daten sicherstellen. Wir halten es auch für sinnvoll, dass valide Daten für Versorgungs- und Forschungszwecke abrufbar werden. Aber auch hier fehlt der Digitalstrategie eine Umsetzungsstrategie mit konkreten Vorschlägen für die Opt-Out-Regelung. Vertrauen auf Seiten der Patientinnen und Patienten setzt Transparenz und eine praktikable Möglichkeit zum Widerspruch, z.B. gegen die Nutzung durch die Industrie, voraus. Wir brauchen jetzt Strukturen und Prozeduren, die die Datensicherheit, die Einhaltung ethischer Standards und die Wahrung der Grundrechte von Patientinnen und Patienten beim Datenhandling, der Verarbeitung und dem Datenzugang gewährleisten. Das ist aufwändig, aber eben auch notwendig, wenn wir zu langfristig tragfähigen Regelungen kommen wollen.“