Gesundes-Herz-Gesetz: Prävention muss auf wissenschaftlicher Evidenz basieren

Gesundheitspolitik

Zu dem vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Entwurf für ein „Gesundes-Herz-Gesetz“ erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:

„Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die Bundesregierung einen stärkeren Fokus auf Prävention und Vorbeugung von Herz-Kreislauferkrankungen legen will. Prävention und Therapie müssen aber auf wissenschaftlicher Evidenz basieren, nicht auf Vorgaben von Politik und Behörden. So will das Bundesgesundheitsministerium die Entwicklung der Herz-Vorsorge per Rechtsverordnung an sich ziehen und entbindet sich dabei sogar explizit von der Beachtung der medizinischen Evidenz. Damit würde der Gesetzgeber von dem bewährten Grundsatz abrücken, dass die Politik einen rechtlichen Rahmen vorgibt, den die Selbstverwaltung evidenzbasiert ausgestaltet. Dieser Eingriff in die Kompetenzen der Selbstverwaltung führt nicht zu einer besseren Versorgung, sondern gefährdet die Qualität und Akzeptanz von Vorsorgeuntersuchungen und führt zu ordnungspolitischem Chaos.

Auch soll mit dem Entwurf der Einsatz von cholesterinsenkenden Medikamenten (Statinen) gefördert werden, sodass nach dem Gesetz künftig zwei Millionen Menschen zusätzlich einen Anspruch auf Versorgung mit diesen Präparaten hätten. Hier greift der Bund in die etablierten und gesetzlich geregelten Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses ein, der auf Grundlage evidenzbasierter Daten und Studien bewertet, wann ein Leistungsanspruch auf eine medikamentöse Therapie gegeben ist und wann nicht. Zudem kommt in dem Entwurf zu kurz, neben diesen primärpräventiven Ansätzen verstärkt auch verhaltenspräventive Maßnahmen zur Verbesserung der Herzgesundheit und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern. Dazu gehören beispielsweise Informationen und Anreize für mehr Bewegung und eine gesunde Ernährung im Zusammenspiel mit einer koordinierten Versorgung durch Haus- und Fachärzte.

Nicht sinnvoll sind die in dem Referentenentwurf vorgesehenen Präventions-Gutscheine und Beratungsgespräche in Apotheken. Hierbei handelt es sich lediglich um teure Parallelangebote, die den Arztbesuch und die ärztliche Präventionsberatung niemals ersetzen können. Eine ärztliche Vorsorgeuntersuchung ist weit mehr als ein Laborbefund oder ein Blutdruckwert. Von der Anamnese über Diagnostik und Differenzialdiagnostik bis zur Therapie haben Ärztinnen und Ärzte immer einen ganzheitlichen Blick auf einen Menschen. Apotheken sind von großer Bedeutung für die qualifizierte Versorgung mit Arzneimitteln. Sie sind aber keine Arztpraxen-to-go. Das muss die Politik im Interesse der Patientinnen und Patienten endlich anerkennen.“