Hamburg: Maß- und sinnvolle Entscheidungen treffen

Kammer fordert: Faktenlage kritisch hinterfragen

Hamburg - In der heutigen Anhörung zum Bevölkerungsschutz bei einer epidemischen Lage im Deutschen Bundestag wird es auch um das Thema des Immunitätsnachweises gehen. Zwar hat Gesundheitsminister Spahn entsprechende Passagen im „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ zunächst gestrichen, forderte aber gleichzeitig zur Debatte auf.

Der Präsident der Ärztekammer Hamburg, Dr. Pedram Emami, MBA, und Vizepräsidentin PD Dr. Birgit Wulff nehmen wie folgt Stellung: „Zurecht gibt es Zweifel, ob die Einführung eines sogenannten Immunitätsausweises – vor allem als direkte oder indirekte Zwangsmaßnahme – richtig ist. Zu diesem Zeitpunkt über einen solchen „Nachweis“ zu diskutieren, ist aus inhaltlichen Gründen nicht angebracht, denn dafür fehlt schlicht die Sachgrundlage. Mit der Aussagekraft der heute vorhandenen Tests und deren Ergebnissen wird viel zu undifferenziert umgegangen. Sie weisen zwar eine Covid-19-Infektion nach. Für alle derzeit verfügbaren Tests gilt aber nach heutigem Kenntnisstand, dass es weder mit ausreichender Sicherheit möglich ist, daraus abzuleiten, ob die betroffene Person selbst immun ist, noch ob diese Person für andere ansteckend ist. Auf Grundlage des jetzigen Kenntnisstandes der Wissenschaft ist damit eine Diskussion um einen „Immunitätsausweis“ als epidemiologische Maßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit völlig sinnlos.“

Auch hinsichtlich der Bedeutung geplanter Datenerhebungen gibt es seitens der Ärztekammer Hamburg Skepsis.

Vizepräsidentin Wulff meint: „Die im Gesetzentwurf vorgesehene erhebliche Ausweitung der Meldepflicht für Labore, insbesondere im Hinblick auf negative Testergebnisse von Menschen, die niemals zuvor positiv getestet wurden, ist von fraglichem epidemiologischem Informationsgehalt. Bei der nun zusätzlich vorgesehenen Datenübermittlung an das Robert Koch-Institut (RKI) ist in der jetzigen Situation ebenfalls von einem beschränkten Erkenntnisgewinn auszugehen. Ein in dieser Form gelockerter Datenschutz ist somit kritisch zu betrachten.“

Präsident Emami mahnt: „An diesen Beispielen zeigt sich, dass vermeintlich entschlossenes und durchgreifendes Handeln zumindest sinnlos sein oder gar gefährlich werden kann, wenn die für eine Entscheidung notwendigen Hintergründe nicht ausreichend beleuchtet und die Faktenlage nicht kritisch hinterfragt worden sind.“

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