Hessen: "Wichtiger als Stadionöffnungen ist ein Regelschulbetrieb"

Hessischer Ärztekammerpräsident ruft zum weiteren konsequenten Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln auf: "Diese stellen nachgewiesenermaßen die einfachsten und effektivsten Schutzmaßnahmen dar"

Frankfurt - Dass die Corona-Testungen ausgeweitet werden sollen, hält Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen, grundsätzlich für richtig. "Allerdings stellt jedes Testergebnis nur eine Momentaufnahme dar", gibt er zu bedenken: "Das gilt übrigens auch für Urlauber, die aus Risikogebieten zurückkehren!" Außerdem könne ein negativer Befund - d.h. ein Virus wurde nicht nachgewiesen - dazu verleiten, sich in Sicherheit zu wiegen und fahrlässig zu verhalten. Mit der Konsequenz, dass die wichtigen Abstands- und Hygieneregeln nicht mehr konsequent eingehalten werden.

"So kann der Test zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Infektion erfolgt sein und diese noch gar nicht anzeigen. Oder aber man steckt sich am Tag nach der Testung an – gerade wenn die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden", so Pinkowski weiter. "Ich bin deshalb sehr skeptisch, ob Massentestungen für jedermann, wie beispielsweise in Bayern, oder Pflichttests bei der Rückkehr aus Risikogebieten geeignete Mittel zur Eindämmung der Pandemie sind. Ob Reiserückkehrer wirklich keine Infektion mitgebracht haben, lässt sich sicher erst durch einen (gegebenenfalls zusätzlichen) Test nach circa einer Woche feststellen. Dagegen halte ich regelmäßige Testungen von Personal in Krankenhäusern, in Arztpraxen und in Altenheimen sowie von Lehrpersonal für sinnvoll. Wichtiger als Stadionöffnungen ist ein Regelschulbetrieb - nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Volkswirtschaft insgesamt: Studien belegen, dass Schulausfall über einen längeren Zeitraum bleibende Defizite hinterlässt."

Wichtig sei außerdem eine schnelle, fallbezogene Cluster-Isolierung beim Auftreten von Corona-Infektionen in der Bevölkerung. Dabei werden alle Kontaktpersonen umgehend in Quarantäne untergebracht, damit nicht ganze Städte oder Landkreise abgeriegelt werden müssen. "Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist übrigens eine einwöchige Quarantäne mit einem negativen Test am Ende dieser Zeit ausreichend, da die Inkubationszeit doch kürzer ist als ursprünglich angenommen", erklärt Pinkowski.

"Und – man kann es gar nicht oft genug sagen: Der sinnvollste Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus ist das Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln. Dies gilt auch für Reisen in das In- und Ausland. Wer etwa Partys in 'Ballermann-Manier' feiert, handelt schlicht unverantwortlich. Urlauber, die aus Risikogebieten zurückkehren, sollten sich testen lassen, um andere, vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen, zu schützen. Das sollte auch für die Teilnahme an unter Umständen risikobehafteten Menschenansammlungen, ob an Strand oder Bar, gelten."

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