Quo vadis, Minister Lauterbach

Bayern

„Mir drängt sich der Eindruck auf, der Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter möchte die derzei­tige ambu­lante Versor­gung vor die Tür setzen. Es ist kaum zu glau­ben, was mit dem neuen Entwurf eines Geset­zes zur Stär­kung der Gesund­heits­ver­sor­gung in der Kommune (GVSG), nach dem miss­lun­ge­nen und völlig untaug­li­chen Gesetz­ent­wurf zur Notfall­re­form, aus der Feder von Profes­sor Karl Lauter­bach kommt“, kriti­siert der Präsi­dent der Baye­ri­schen Landes­ärz­te­kam­mer (BLÄK), Dr. Gerald Quit­te­rer, den vorlie­gen­den Refe­ren­ten­ent­wurf.

Von einer Stär­kung der ambu­lan­ten ärzt­li­chen Versor­gung in Deut­sch­land könne hier nicht die Rede sein. „Weder finden sich Aussa­gen zu einer wirk­sa­men Stär­kung der Nieder­las­sung noch für die Unter­stüt­zung von Praxen der Haus- und Fach­ärz­tin­nen und -ärzte, ganz zu schwei­gen von einer gesetz­li­chen Rege­lung gegen inves­to­ren­ge­stützte medi­zi­ni­sche Versor­gungs­zen­tren. Die vom Minis­ter konze­dier­ten mehr univer­si­tä­ren Studi­en­plätze für Human­me­di­zin finden sich ebenso wenig, wie eine verpflich­tende rasche Umset­zung der neuen Appro­ba­ti­ons­ord­nung oder der GOÄ", so Quit­te­rer. Ganz im Gegen­teil: Gesund­heits­ki­oske sollen jetzt Präven­ti­ons- und Behand­lungs­an­ge­bote machen, die Gesund­heits­ver­sor­gung vor Ort in den Kommu­nen gestärkt und dadurch gleich­zei­tig die indi­vi­du­elle Gesund­heits­kom­pe­tenz erhöht werden. „Die dafür notwen­di­gen Finanz­mit­tel soll­ten besser in das beste­hende und gut funk­tio­nie­rende ambu­lante System inves­tiert und Gesund­heits­kom­pe­tenz endlich im Lehr­plan der Schu­len veran­kert und nicht zur Aufgabe von Kommu­nen gemacht werden. Diese Forde­rung wäre im Gesetz besser adres­siert“, meint der BLÄK-Präsi­dent.

Über so genannte „Gesund­heits­re­gi­o­nen­ver­träge“ mit den Gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen soll eine Paral­lel­struk­tur zur Regel­ver­sor­gung der nieder­ge­las­se­nen Ärztin­nen und Ärzte aufge­baut werden, bei der letzt­lich unklar bleibt, wo die dafür erfor­der­li­chen Ärztin­nen und Ärzte herkom­men sollen. In einem neuen § 73a des Fünf­ten Sozi­al­ge­setz­buchs (SGB V) würde die Rechts­grund­lage für die Errich­tung von soge­nann­ten Primä­r­ver­sor­gungs-zentren geschaf­fen werden, um den „Her­aus­for­de­run­gen in der haus­ärzt­li­chen Versor­gung insbe­son­dere in länd­li­chen und struk­tur­schwa­chen Regi­o­nen zu begeg­nen“, heißt es im Entwurf. „Völ­lig unbe­ach­tet bleibt dabei, dass Haus­ärz­tin­nen und Haus­ärzte mit ihren Team­pra­xen und der haus­a­rzt­zen­trier­ten Versor­gung ein bereits beste­hen­des und effi­zi­en­tes Ange­bot haben“, so Quit­te­rer.

Im glei­chen Atem­zug bei der ange­streb­ten „Wei­ter­ent­wick­lung“ des G-BA von einer noch besser auf die Bedürf­nisse der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten ausge­rich­te­ten Gesund­heits­ver­sor­gung zu spre­chen, sprenge alle Vorga­ben eines soli­da­risch finan­zier­ten Gesund­heits­sys­tems, in dem beda­rfs- und nicht bedürf­nis­ge­rechte Versor­gung fest­ge­legt ist. Zusam­men mit einer Erleich­te­rung der vorge­se­he­nen Grün­dung von kommu­na­len Medi­zi­ni­schen Versor­gungs­zen­tren und der Erwei­te­rung der Entschei­dungs­kom­pe­tenz der Länder in den Zulas­sungs­aus­schüs­sen, ist das aus Sicht des Präsi­den­ten ein Angriff auf die ärzt­li­che Selbst­ver­wal­tung. „Gesund­heits­re­gi­o­nen können die medi­zi­ni­sche Versor­gung nach dem Entwurf des Geset­zes an Dritte über­tra­gen – ein klas­si­sches Einfall­s­tor für Inver­sto­ren. Vergeb­lich warten wir auf gesetz­li­che Rege­lun­gen, um diese Einfluss­nahme zu stop­pen“, argu­men­tiert Quit­te­rer, und weiter: „Wenn dann auch noch der Einheit­li­che Bewer­tungs­maß­stab für ärzt­li­che Leis­tun­gen (EBM) auf nicht­ärzt­li­che Leis­tun­gen ange­passt werden soll, ist das eine Gering­schät­zung der Arbeit nieder­ge­las­se­ner Ärztin­nen und Ärzte. Der Minis­ter tut besser daran, die beste­hen­den Versor­gungs­pro­bleme nicht wieder durch Refe­ren­ten aus seinem Ressort, sondern zusam­men mit der Ärzte­schaft zu lösen“.

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