Reform der Notfallversorgung erfordert Gesamtkonzept
Berlin - Der Deutsche Ärztetag hat ein Gesamtkonzept für die Reform der Notfallversorgung in Deutschland gefordert. Entgegen vielfacher Ankündigungen habe der Gesetzgeber in der laufenden Wahlperiode dringend erforderliche gesetzliche Neuregelungen in diesem wichtigen Versorgungsbereich versäumt. Als „Stückwerk“ bezeichnete das Ärzteparlament die Pläne des Gesetzgebers, statt einer umfänglichen Reform der Notfallversorgung zunächst eine zusätzliche verpflichtende, standardisierte Ersteinschätzung einzuführen. Mit ihr sollen Patienten, die eine Krankenhausnotaufnahme oder Rettungsstelle aufsuchen, ohne ärztliche Abklärung, allein mittels eines Software-Algorithmus weitergeleitet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll die Vorgaben und Qualitätsvorgaben für ein solches Verfahren aufstellen. Eine entsprechende Regelung sieht der Entwurf des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) vor, dies wird vom 124. Deutschen Ärztetag abgelehnt.
„Patientinnen und Patienten kommen mit der Erwartung in die Notaufnahme eines Krankenhauses, dass sie ärztliche Hilfe erhalten. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre individuellen Beschwerden ärztlich bewertet werden und die Patientensicherheit im Vordergrund steht“, stellte dagegen der Ärztetag klar. Unklar bleibe auch, wie mit Patienten verfahren werden soll, die in dem softwaregestützen Ersteinschätzungsverfahren der vertragsärztlichen Versorgungsebene zugeteilt werden, dann aber aus Sicht des dort tätigen Arztes doch im Bereich der stationären Notaufnahme behandelt werden sollen, weil der klinische Blick der Ärztin oder des Arztes dem Software-Algorithmus der Ersteinschätzung widerspricht.
In einem weiteren Beschluss bezeichnete es der 124. Deutsche Ärztetag als ein „verheerendes Signal für die Gesundheitsversorgung“, wenn Krankenhäuser auch in der aktuellen Pandemiesituation Arztstellen abbauen – unter anderem durch Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse, Verzicht auf Nachbesetzungen und Probezeitkündigungen. Gute Patientenversorgung sei nur mit einer aufgaben- und patientengerechten ärztlichen Personalausstattung zu erreichen, stellte das Ärzteparlament klar. Der Stellenabbau verdichte die Arbeit der verbleibenden Ärzte noch weiter und gefährde die Patientensicherheit.