Reinhardt: Föderalen Flickenteppich vermeiden
Berlin -„Dass die Bundesländer ihre Pandemiepolitik wenigsten in einigen Bereichen wieder stärker angleichen wollen, ist gut und richtig. Bei allem Verständnis für regionale Besonderheiten dürfen wir es mit unterschiedlichen Vorgaben nicht übertreiben. Sonst droht ein föderaler Flickenteppich, der die Menschen verwirrt.“ So kommentierte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur die aktuellen Bund-Länder-Beschlüsse zur Corona-Politik (28.09.2020).
Es trage auch nicht zur Akzeptanz der Präventionsmaßnahmen bei, dass sich Meldestrukturen und Quarantänebestimmungen der Gesundheitsämter teilweise sogar von Kommune zu Kommune unterschieden. „Wir brauchen bundesweit viel stärker aufeinander abgestimmte und konzertierte Entscheidungs- und Informationsstrukturen im öffentlichen Gesundheitsdienst.“ Außerdem müsse die Aufgabenverteilung klar geregelt werden. „Die Amtsärzte sind voll damit ausgelastet, Infektionsketten nachzuverfolgen und Quarantänemaßnahmen einzuleiten. Die Überwachung und die Sanktionierung dieser Maßnahmen müssen andere übernehmen, zum Beispiel Polizei und Ordnungsämter.“
Reinhardt erneuerte seine Forderung nach einer raschen Umsetzung des Paktes für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Obwohl Deutschland die größte Gesundheits- und Wirtschaftskrise der letzten Jahrzehnte erlebe, müsse in vielen Gesundheitsämtern immer noch analog statt digital gearbeitet werden.
Positiv beurteilet der BÄK-Präsident die Entscheidung, bestimmte Großveranstaltungen vorerst weiter zu verbieten. „Öffentliche und private Großveranstaltungen können schnell zu Infektionsherden werden“, sagte er. Bevor wir Schulschließungen oder sogar einen erneuten wirtschaftlichen Lockdown riskieren, sollten wir größere soziale Zusammenkünfte begrenzen. Im Moment sei einfach nicht die Zeit für Jahrmärkte und Schützenfeste.
Auch das Beenden der Kostenübernahme für freiwillige Tests von Reiserückkehrern aus Nicht-Risikogebieten sei angesichts der endlichen Ressourcen richtig und notwendig. Die Teststrategie von Bund und Ländern sollte darüber hinaus neben anlassbezogenen Testungen auch vermehrt auf Schnelltests setzen. Während die Ergebnisse des PCR-Standardverfahrens in der Regel erst nach mehreren Tagen übermittelt werden könnten, lieferten diese Tests bereits nach etwa einer Stunde ein Ergebnis. „Ärzte können Patienten so direkt in den Praxen oder in Teststationen beraten und entsprechenden Quarantänemaßnahmen veranlassen“, sagte Reinhardt.