Reinhardt: „Gute Ansätze – und offene Fragen“

Ergebnispapier der Arbeitsgruppe „Gesundheit“
Gesundheitspolitik

Zu dem öffentlich gewordenen Ergebnispapier der Arbeitsgruppe „Gesundheit“ der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:

„Wir können konstatieren, dass sich die Unterhändler ernsthaft mit den Herausforderungen für unser Gesundheitswesen beschäftigt haben. Insgesamt enthält das Papier gute Ansätze, aber auch offene Fragen – und eine eklatante Lücke.

Wir unterstützen sehr die angekündigte Förderung von Präventionsangeboten, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Die veranschlagten 30 000 Euro pro Schule für die Stärkung der Kindergesundheit zeigen, dass hier allmählich echtes Problembewusstsein entstanden ist. Auch die 750 Millionen Euro für den technischen und personellen Ausbau unserer Gesundheitsämter wären gut investiertes Geld.

Enorm wichtig ist auch das angekündigte Bürokratieentlastungsgesetz, das in den ersten sechs Monaten nach der Regierungsbildung kommen soll. Nach den Erfahrungen aus der letzten Legislaturperiode, in der die Politik über bloße Absichtserklärungen nicht hinauskam, ist eine solche Fristsetzung auch dringend notwendig.

Bei der Krankenhausreform setzen die Unterhändler richtigerweise auf mehr Pragmatismus, unter anderem indem sie notwendige Anpassungen bei der Zuweisung von Leistungsgruppen und bei der Einführung der Vorhaltevergütung vornehmen wollen. Es ist außerdem richtig, die Krankenhäuser finanziell zu stabilisieren, bis die Reform greift.

Hervorzuheben ist die Ankündigung, ein Primärarztsystem zu etablieren. Eine solche Reform kann die Gesundheitsversorgung in Deutschland nachhaltig stärken, wenn sie gut gemacht ist. Umso wichtiger ist es, die Akteure aus der Versorgung frühzeitig in die Umsetzung einzubeziehen. Unsere volle Unterstützung hat auch das Vorhaben, über ein MVZ-Regulierungsgesetz Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, die eine patientenorientierte ambulante Versorgung gefährden.

Bei der vorgesehenen verpflichtenden Termingarantie stellt sich die Frage, wie diese unter den jetzigen Bedingungen insbesondere in strukturschwachen Regionen eingehalten werden kann. Der angekündigte Wegfall des Honorardeckels für fachärztliche Leistungen in unterversorgten Gebieten ist zumindest ein erster wichtiger Schritt, dem weitere in Richtung einer vollständigen Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen folgen müssen.

Viele der in dem Papier enthaltenen sinnvollen Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt und es wird sich in den jetzt laufenden übergeordneten Verhandlungen zeigen müssen, ob sie es tatsächlich in den Koalitionsvertrag schaffen. Dabei muss außerdem auf den Tisch, warum das zentrale Zukunftsthema unserer Zeit, der gesundheitsbezogene Klimaschutz, in dem Papier nicht einmal erwähnt wird. Das Thema gehört dringend auf die Agenda der neuen Bundesregierung und muss natürlich auch im gesundheitspolitischen Kapitel des Koalitionsvertrags verbindlich verankert werden.“