Reinhardt: „Verbindliche Steuerung ist der Schlüssel“
Zu den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums für eine Reform der Notfallversorgung erklärt BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:
„Die Bundesärztekammer mahnt seit vielen Jahren eine ganzheitliche, sektorenverbindende Reform der Akut- und Notfallversorgung, auch unter Einbindung des Rettungsdienstes, an. Es ist zu begrüßen, dass mit der Veröffentlichung der Eckpunkte nun endlich der nächste Schritt dieser überfälligen Reform gegangen wird. Oberstes Ziel muss es sein, Patientinnen und Patienten verbindlich den Weg in die am besten geeignete Versorgungsebene zu weisen. Nur so können wir Notaufnahmen und Rettungsdienste entlasten und allen Hilfesuchenden eine qualitativ hochwertige Versorgung anbieten. Verbindliche Steuerung ist hier der Schlüssel.
Zu beachten ist dabei aber auch, dass wir in Zeiten eines dramatischen und zunehmenden Fachkräftemangels und einer schwierigen Haushaltslage unsere Ressourcen sorgsam einsetzen müssen. In diesem Licht müssen auch die in den Eckpunkten enthaltenen Versprechungen betrachtet werden. Eine 24/7 telemedizinische Versorgung, 24/7 zusätzliche aufsuchende Versorgung, der Einsatz von Gemeindenotfallsanitätern mit telemedizinischer Anbindung, gesetzliche Mindestöffnungszeiten an allen INZ-Standorten und der Einsatz von Pflege und Sozialdiensten durch die Leitstellen würden den Einsatz erheblicher finanzieller und personeller Ressourcen erfordern und das Risiko bergen, dass reguläre Versorgungsangebote umgangen werden. Die Etablierung von INZ darf nicht zur Schaffung einer dritten Versorgungssäule führen, die neben anderem auch zu einer weiteren Verschärfung des ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräftemangels führen würde. Wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende Reform der Akut- und Notfallversorgung ist jedoch zunächst die Stärkung der ambulanten und stationären Versorgung, damit die Notaufnahmen der Krankenhäuser sich auf Fälle konzentrieren können, die wirklich deren Infrastruktur benötigen.
Was in den Eckpunkten gänzlich fehlt, sind Maßnahmen zur Information, Bildung und Einbeziehung der Bevölkerung. Grundsätzlich wird es personell nicht möglich sein, alle gesundheitlichen Anliegen der Bevölkerung als Akut- und Notfälle zu bedienen. Unbedingt erforderlich ist daher aus Sicht der Bundesärztekammer, auf ein Verständnis für die Strukturen der Akut- und Notfallversorgung hinzuwirken und Informationen zu deren sachgerechter Inanspruchnahme zu vermitteln.
Die Politik sollte das Erfahrungswissen der Ärzteschaft in die Ausgestaltung und Umsetzung ihres Gesetzentwurfes einbeziehen. Die Positionspapiere der Bundesärztekammer sowie anderer ärztlicher Organisationen zeigen die Kernforderungen der Ärztinnen und Ärzte auf. Entscheidend wird sein, Bundesärztekammer und die Landesärztekammern in die entsprechenden Gremien auf Bundes- und Landesebene zur Beratung von Strukturen, Prozessen und Qualitätsvorgaben in der Notfallversorgung einzubinden.“