Westfalen-Lippe: Corona-Update mit dem UKM: Booster, Impfungen für Kinder, 2-G oder 3-G (plus)?
Münster - Die Prognosen hinsichtlich der Patientenzahlen für die anstehenden Wintermonate sind beunruhigend. Vor dem Hintergrund des exponentiellen Wachstums der Fallzahlen bei gleichzeitig sehr geringen Bettenkapazitäten auf den Intensivstationen haben heute der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle und der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des UKM (Universitätsklinikum Münster), Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hugo Van Aken an die Bevölkerung appelliert, sich schnell um eine Booster-Impfung zu kümmern. Im Folgenden haben wir die Hauptaussagen der Pressekonferenz zusammengetragen. Außerdem stellen wir Ihnen tagesaktuelle Videostatements zu den relevanten Fragestellungen der Pressekonferenz zur Verfügung.
Videostatement Dr. Hans-Albert Gehle
Videostatement Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hugo Van Aken
Einschätzung der generellen Corona-Lage
Gehle:
„Die Infektionszahlen erreichen immer neue Pandemie-Höchstwert, deshalb müssen die Corona-Grundregeln weiterhin unbedingt eingehalten werden: medizinische Masken tragen, Abstandsregeln einhalten, Distanz halten, Kontakte einschränken. Wo es beruflich zu engeren Kontakten kommt, wie etwa in Gesundheits- und Pflegeberufen oder in Schulen und Kitas, muss die 2G-Regel gelten, besser noch 2G-Plus. Sollten die Zahlen weiterhin steigen, müssen wir gegebenenfalls über eine Impfpflicht nicht nur für die Gesundheitsberufe nachdenken.“
Van Aken: „Die Situation ist dramatischer als man denkt. Ein Virus kennt keine Grenzen. Die hohen Inzidenzzahlen im Süden werden in den nächsten Wochen dazu führen, dass auch bei uns mehr Patienten in die Krankenhäuser kommen. Gegen eine weitere Zunahme bei den Inzidenzzahlen sehe ich in erster Linie eine Beschleunigung bei den Booster-Impfungen. Der Booster ist die beste Maßnahme. Eine neue noch unveröffentlichte Studie aus Schweden legt nahe, dass der Schutz der Impfungen nach sechs Monaten sehr nachlässt. Bei vielen Menschen liegt der Schutz nach Impfung nach dieser Zeit nur noch bei 40 Prozent. Allen voran gefährdet sind Vorerkrankte, Immunsupprimierte und ältere Menschen. Sie sind besonders gefährdet, ernsthaft zu erkranken und in die Krankenhäuser zu müssen.“
Beschleunigung bei Booster-Impfungen
Gehle: „Boostern auf breiter Front: Die Boosterimpfungen müssen nun schnell, flexibel und unbürokratisch durchgeführt werden. Und alle, die impfen können, müssen mitimpfen: Impfzentren, niedergelassene Kolleginnen und Kollegen, Krankenhäuser, Betriebsärzte.“
Van Aken: Weite Teile der Bevölkerung sollte noch vor Weihnachten eine Booster-Impfung angeboten bekommen. Dazu müssen wir die Impfzentren wiedereröffnen. Auch unkonventionelle Lösungen wie Impfbusse, mobile Impfteams oder Impfangebote bei kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen sollten wir nutzen, um den Impfschutz der Menschen deutlich zu verbessern. Ohne den Booster ist der Impfschutz nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr vollständig. Das sollte jeder wissen.“
Schließen von Impflücken
Gehle:
„Um die Impflücken zu schließen, sind verstärkt mobile Impfteams sowie ein aufsuchendes Impfangebot notwendig. Die Erfahrung zeigt: Wo Impfbusse stehen, gibt es Warteschlangen, Es gibt also ein Interesse in der Bevölkerung. Die Kommunen können die Impf-Brennpunkte identifizieren, dorthin muss der Impfstoff gebracht werden. In den Betrieben können Betriebsärzte beraten und über das Impfen und Boostern informieren.“
Van Aken: Es ist für mich unverständlich, dass es noch Menschen gibt, die den Ernst der Lage für sich nicht erkannt haben und sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht haben impfen lassen. Wir können dem nur begegnen, indem wir Impfangebote niederschwellig, ohne große Hürden zugänglich machen. Impfbusse und mobile Angebote werden spontan genutzt. Das gilt selbstverständlich nicht nur für den Booster, sondern auch für alle die, die sich doch noch zu einer Impfung durchringen.“
Impfungen von Kindern zwischen 5 und 11 Jahren
Gehle: „Eine rasche Entscheidung der STIKO alternativ der EMA zur Impfempfehlung und ein schnelles Freigabeverfahren für Kinder zwischen 5 und 12 Jahren sind wünschenswert. Man kann bereits jetzt mit den Impfvorbereitungen starten, um zur gegebenen Zeit zügig mit den Impfungen beginnen zu können.“
Van Aken: „Ich selbst würde meine eigenen Enkelkinder impfen lassen. Gesunde Kinder erkranken meist nicht schwer an Covid-19, aber wir wissen bisher leider zu wenig über Langzeitfolgen. Anders als bei den Jugendlichen über 12 Jahren, ist die Altersgruppe zwischen 5 und 11 Jahren nicht überregional mobil. Ich hoffe auf eine baldige Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO).“
2-G oder 3-G? Oder gar 2-G-plus?
Gehle: „Im Freizeitbereich, bei Sportveranstaltungen, kulturellen Veranstaltungen oder nun bald den Weihnachtsmärkten, müssen scharfe Kontrollen zur Einhaltung der Corona-Regeln gewährleistet sein. Große Veranstaltungen draußen sind nur noch vertretbar mit 2-G, besser mit 2-G-plus, das müsste bundesweit gelten. Außerdem sollten alle Veranstaltungs-Teilnehmer Masken tragen und die Abstände einhalten, um einen kompletten Lockdown zu verhindern. Sollten die Infektionszahlen noch weiter deutlich steigen, wird man darüber reden müssen, auf Großveranstaltungen ganz zu verzichten.“
Van Aken: „Gestern hat Nordrhein-Westfalen sich sinnvollerweise für eine 2-G-Regelung für alle Veranstaltungen im Freizeitbereich entschieden. Es ist die richtige Entscheidung, dass nur Geimpfte und Genesene zu Freizeitveranstaltungen zugelassen werden, aber meiner Meinung nach wird das nicht ausreichen. Eine neue Studie aus Israel legt nahe, dass Geimpfte ebenso Überträger des Virus sind wie Ungeimpfte. Daher halte ich eine 2-G-plus-Regelung für wesentlich sicherer. Wir schlagen vor, dass bei Veranstaltungen und Versammlungen alle zusätzlich zu 2-G einen Antigen-Schnelltest vor Ort machen. Das gilt auch im Außenbereich für Weihnachtsmärkte. 2-G-plus ist auch ein Plus an Sicherheit.“