Personalbemessungssystem ermittelt tatsächlichen Bedarf an Ärztinnen und Ärzten

Politik & Beruf

Eine zunehmende Arbeitsverdichtung prägt den Arbeitsalltag von Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus. Hinzu kommt eine Personalplanung, die nicht die tatsächlich anfallenden Aufgaben widerspiegelt. Viele Ärzte erwägen deshalb, die Wochenarbeitszeit zu reduzieren oder den Beruf zu wechseln. Die Bundesärztekammer hat auf dem 126. Deutschen Ärztetag ein neues Kalkulationssystem vorgestellt, das als Grundlage für eine bessere Personalplanung dienen und Ärzte im Diskurs mit nichtärztlichen Entscheidungsträgern unterstützen soll.

Bei dem Kalkulationssystem geht es explizit nicht um Mindestvorgaben, sondern um eine valide Berechnung für eine patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung. Mindestvorgaben tragen das große Risiko, zum neuen „Standard“ für eine Personalausstattung zu werden, wie teilweise im Rahmen der Pflegepersonaluntergrenzen zu sehen war.

Ziel der Bundesärztekammer ist es vielmehr, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen: Der Erlös darf nicht den Bedarf bestimmen – vielmehr muss der Bedarf durch die Aufgaben bestimmt werden. Auf dem 126. Deutschen Ärztetag in Bremen wurde der aktuelle Sach- und Entwicklungsstand des Personalbemessungssystems vorgestellt. Derzeit finden Gespräche mit Fachverbänden statt. Geplant ist, dass erste Kliniken in Kürze das System testen.

Das Personalbemessungssystem orientiert sich nicht an der Anzahl der Betten. Neben dem direkten Kontakt zu Patientinnen und Patienten umfasst ärztliche Tätigkeit eine Vielzahl weiterer Aufgaben und Pflichten. Die Anzahl der Betten ist hierfür nicht repräsentativ.

Grundlage für die Berechnung sind vielmehr Zeitangaben für alle ärztlichen Tätigkeiten. Auch weitere strukturelle Personalvorhaltungen, wie etwa unterschiedliche Bereitschaftsdienstmodelle, gehören in eine Gesamtkalkulation, um den Bedarf an ärztlichen Vollzeitkräften abzubilden. Berechnet wird die gesamte ärztliche Personalbindungszeit in Minutenwerten.

So wurden beispielsweise 101 „weitere Aufgaben und Pflichten“ identifiziert – darunter gesetzliche Aufgaben wie Hygienebeauftragte oder Transfusionsbeauftragte, weitere Beauftragungen zur Umsetzung von Datenschutzvorgaben und Baumaßnahmen. Hinzu kommen vielfältige Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung, Führungsaufgaben, Networking, Übergaben und Besprechungen, Tätigkeiten in der Administration, Organisation und Dokumentation, Pflichtschulungen und Pflichtfortbildungen sowie Aufgaben in der Aus- und Weiterbildung.

Das Kalkulationssystem soll Ärztinnen und Ärzte im Diskurs mit nichtärztlichen Entscheidungsträgern über den tatsächlichen ärztlichen Personalbedarf unterstützen. Auf diese Weise wird Ärztinnen und Ärzten vor Ort ein System an die Hand gegeben, mit dem sie beurteilen können, ob die ärztliche Personalausstattung ihrer Abteilung adäquat ist. Damit wird das System auch zu einem Qualitätsindikator der ärztlichen Versorgung. Denn eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung und damit auch ein Maximum an Patientensicherheit ist nur mit einer Personalausstattung möglich, mit der alle notwendigen Tätigkeiten ohne Zeitnot abgeleistet werden können.