Versorgung von Corona-Langzeitfolgen verbessern und Forschung ausbauen

Corona-Pandemie

Zahlreiche Menschen, die sich mit Corona infiziert haben, entwickeln ein sogenanntes Post-Covid-Syndrom (PCS). Häufig leiden sie unter Müdigkeit und sind nach körperlicher oder geistiger Anstrengung schnell erschöpft („Fatigue“). Auch Konzentrations- und Gedächtnisprobleme und Kurzatmigkeit gehören zu oft auftretenden Beschwerden, die das Leben der Betroffenen stark belasten können. Die Bundesärztekammer (BÄK) hat Mitte Oktober ihre Stellungnahme zum Post Covid Syndroms vorgestellt, die der Wissenschaftliche Beirat der BÄK erarbeitet hat.

Eine erste klinische Falldefinition von Langzeitfolgen einer Corona-Infektion hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Oktober 2021 veröffentlicht. In dieser sind die gesundheitlichen Beschwerden nach einer Infektion zusammengefasst, die nach drei Monaten noch bestehen, mindestens zwei Monate lang anhalten oder wiederkehren, in unterschiedlicher Stärke auftreten und nicht erklärbar sind.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) hat zudem gemeinsam mit anderen medizinischen Fachgesellschaften eine Leitlinie zu Long und Post-Covid für medizinisches Fachpersonal erarbeitet. Basierend darauf entstand anschließend eine Patientenleitlinie, die die häufigsten Post-Covid-Symptome beschreibt und Hinweise für Betroffene beinhaltet.

„Bisher ist die Pathogenese der Erkrankung jedoch nur unvollständig verstanden und es gibt keine ursächlichen Therapien. Wir möchten mit unserer ärztlich-wissenschaftlichen Expertise dazu beitragen, die Versorgung der Betroffenen zu verbessern, die Prävention zu stärken und die Forschung zu den Langzeitfolgen einer Coronainfektion zu intensivieren“, erklärte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Vorstellung der Stellungnahme zu Forschungsstand, Symptomen und Therapiemöglichkeiten des Post Covid Syndroms des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer (BÄK).

Eine wichtige Erkenntnis aus der Stellungnahme sei auch, dass in diesem Bereich differenzierte, regional vernetzte Behandlungskapazitäten geschaffen werden müssten. Ziel sei es, dass politische Entscheidungen auf der Basis der bestmöglichen verfügbaren Evidenz gefällt werden. Wünschenswert wäre außerdem, wenn die Bundesregierung eine Informationskampagne zum Post-Covid-Syndrom und dessen Behandlungsmöglichkeiten initiieren würde, betonte Reinhardt.

Die Stellungnahme basiert auf einem strukturierten, methodischen Reviewprozess mit einer systematischen Literaturrecherche durch den interdisziplinär besetzten Arbeitskreis des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK unter der Federführung von Prof. Dr. Michael Hallek.
 

„Mit der Stellungnahme legen wir ein Kompendium der aktuell verfügbaren Datenlage vor, welches in dieser Form einzigartig sein dürfte“, erklärt Hallek. Allerdings stelle dies nur eine Momentaufnahme dar. „Die dynamische Pandemieentwicklung und auch die Mutationstendenz von SARS-CoV-2 führen dazu, dass sich wissenschaftliche Erkenntnisse schnell weiterentwickeln oder überholt sind.“ Die Forschung am Post-Covid-Syndrom müsse daher nicht nur fortgeführt, sondern weiter ausgebaut werden.

Auch mit Blick auf die interdisziplinäre und sektorenverbindende Betreuung der Betroffenen sieht Hallek Verbesserungsbedarf. „Angesichts der hohen Zahl von PCS-Patienten und der Vielfältigkeit des Krankheitsbildes sollten differenzierte, regional vernetzte Behandlungskapazitäten aufgebaut werden“, so Hallek. Er schlägt vor, dazu bestehende Strukturen zu nutzen, gestuft auszubauen und zu qualifizieren.

Von großer Wichtigkeit ist für BÄK-Präsident Reinhardt die Identifizierung zielgerichteter Therapieansätze. So gebe es unter anderem Hinweise, dass aktive Rehabilitationsmaßnahmen die Folgen des Post-Covid-Syndroms verringern könnten. „Hier müssen die medizinische Versorgungsebene und die Forschung eng zusammenarbeiten und auch eine rasche Translation von Forschungsergebnissen in die medizinische Versorgung sicherstellen“, fordert er.

Die Stellungnahme richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, Betroffene, die interessierte Öffentlichkeit und nicht zuletzt an die Politik. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, politisch aktiv zu werden und die Weichen für den weiteren Umgang mit PCS zu stellen“, unterstreicht Reinhardt. Darauf hätten insbesondere die Betroffenen einen Anspruch, aber auch alle anderen. Die Ärzteschaft stehe mit ihrer fachlichen Expertise der Politik gern als Ansprechpartner zur Verfügung.