Reinhardt: „Der Normalisierung des Suizids entgegenwirken“
Berlin - Zu dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen „§ 217 StGB (geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung)“ erklärt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt:
„Das Bundesverfassungsgericht hat dem Selbstbestimmungsrecht am Ende des Lebens weiten Raum zugesprochen. Gleichwohl sieht es aber auch die Notwendigkeit für eine gesetzgeberische Regulierung der Beihilfe zur Selbsttötung. So weist das Gericht darauf hin, dass von einem unregulierten Angebot geschäftsmäßiger Suizidhilfe Gefahren für die Selbstbestimmung ausgehen können. Es führt außerdem aus, dass dem Gesetzgeber zum Schutz dieser Selbstbestimmung über das eigene Leben in Bezug auf organisierte Suizidhilfe ein breites Spektrum an Möglichkeiten von Einschränkungen offensteht. Diese könnten ausdrücklich auch im Strafrecht verankert oder durch strafrechtliche Sanktionierung von Verstößen abgesichert werden. Das heutige Urteil ist deshalb als Auftrag an den Gesetzgeber zu verstehen, diese Möglichkeiten auszuloten und rechtssicher auszugestalten. Die Gesellschaft als Ganzes muss Mittel und Wege finden, die verhindern, dass die organisierte Beihilfe zur Selbsttötung zu einer Normalisierung des Suizids führt.
Positiv hervorzuheben ist die Bestätigung des Gerichts, dass auch zukünftig keine Ärztin und kein Arzt zur Mitwirkung an einer Selbsttötung verpflichtet werden kann. Die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten ist es, unter Achtung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zu ihrem Tod beizustehen. Die Beihilfe zum Suizid gehört unverändert grundsätzlich nicht zu den Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten.
Soweit das Gericht auf die Konsistenz des ärztlichen Berufsrechts abhebt, wird eine innerärztliche Debatte zur Anpassung des ärztlichen Berufsrechts erforderlich sein.“