I. Grundpositionen
Die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft 2002 verabschiedete 6. geänderte Auflage der "Beratungs- und Formulierungshilfe Chefarzt-Vertrag" wird in Anbetracht wesentlicher, sowohl berufspolitisch als auch berufsrechtlich relevanter Kritikpunkte seitens der Bundesärztekammer, des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte Deutschlands sowie des Marburger Bundes entschieden abgelehnt.
Schon in der 1996 herausgegebenen 5. Auflage des DKG-Chefarztvertragsmusters waren Neuregelungen enthalten, die zur erheblichen Kritik Anlass gaben. Dazu zählten insbesondere
- Einräumung des Liquidationsrechtes für wahlärztliche Leistungen nur noch als untergeordnete Alternative zur im Vordergrund stehenden Beteiligung der Chefärztinnen und Chefärzte an den Liquidationserlösen des Krankenhausträgers (Beteiligungsvergütung),
- Ausgestaltung eines die ärztliche Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit gefährdenden Bonussystems (variable Gehaltsboni in Abhängigkeit von der Einhaltung eines Abteilungsbudgets)
- Überbetonung der wirtschaftlichen Verantwortung des Chefarztes für seine Abteilung ohne ausreichenden Einbezug in die Entscheidungsprozesse durch den Krankenhausträger.
In die nunmehrige Neuauflage sind zusätzliche, für die Ärzteschaft nicht tragbare Vertragsbestimmungen aufgenommen worden, wie
- Abkehr von medizinischen Prioritäten hin zu ökonomischen Vorgaben sowie zu starke Gewichtung der Weisungsgebundenheit,
- Abschaffung des Liquidationsrechtes für wahlärztliche Behandlung,
- vollständige Integrierung bisher klassischer Nebentätigkeitsbereiche in den Dienstaufgabenkatalog (z.B. Entfall des ambulanten Privatliquidationsrechtes, persönliche Ermächtigung gemäß § 116 SGB V, D-Arzt-Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherungsträger),
- vollständige Eliminierung jeglicher bisheriger öffentlich-rechtlicher Bezüge durch fehlende Bezugnahme auf den Bundesangestellten-Tarif (BAT) und weitere öffentlich-rechtliche Regelungen (zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung).
Dieses Vertragsmuster wird in nicht akzeptabler Weise geprägt durch eine ökonomische Dominanz, die die medizinischen Notwendigkeiten ärztlichen Handelns in den Hintergrund treten lässt. Diese ökonomische Priorisierung und der damit einhergehende Paradigmenwechsel finden ihren Niederschlag in zahlreichen Einzelbestimmungen dieses Vertragsmusters. Die unbestritten notwendige Anerkennung auch ökonomischer Erfordernisse darf nicht dazu führen, dass die ärztliche Arbeit im Krankenhaus zu einer vorrangig wirtschaftlich geprägten Tätigkeit wird.
Mit der durch diese Neuregelungen bewirkten Überregulierung der Pflichten von Chefärztinnen und Chefärzten sowie der erkennbaren Aushöhlung jeglichen freiberuflichen Elementes chefärztlicher Tätigkeit verlässt die Deutsche Krankenhausgesellschaft seit Jahrzehnten bewährte sowie für die Entwicklung der Medizin und eine qualitativ hochstehende stationäre ärztliche Versorgung der Patienten in den Krankenhäusern unabdingbare Grundlagen. Insbesondere mit der Eliminierung des Liquidationsrechtes als Vergütungsinstrument des Chefarztes im stationären Bereich gibt die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein bisher prägendes Element der Gestaltung von Chefarzt-Verträgen auf.
Gängelei durch Überregulierung in Verträgen und damit bewirkte Demotivation der Chefärzte als einer für den Ruf und die Wettbewerbsposition eines Krankenhauses maßgeblich prägenden Gruppe von Leistungsträgern werden das von den Krankenhausträgern bei den Chefärzten immer wieder eingeforderte unternehmerische Denken und Handeln gerade nicht fördern. Speziell im Hinblick auf die bevorstehende Einführung des DRG-Fallpauschalensystems und das dafür verstärkt erforderliche hohe Engagement leitender Krankenhausärzte sind perfektionistische Reglementierung der ärztlichen Tätigkeit und autoritäre Vorgabe von Zielvereinbarungen durch ärztlich nicht beeinflussbare Bemessungskriterien nicht geeignet, Leistungsbereitschaft und Leistungsmotivation der Chefärzte zu fördern.
II. Erforderliche Modifizierungen von grundlegenden Regelungen des Vertragsmusters
1. Ärztliche Unabhängigkeit als oberstes Primat und Garant für eine qualitativ hochstehende Patientenversorgung
Die in einer zentralen Einzelbestimmung des Vertragsmusters (§ 2 Abs. 2) vorgenommene Umkehr des Gefüges zwischen ärztlicher Unabhängigkeit und Weisungsgebundenheit gegenüber dem Krankenhausträger stellt einen Indikator für die in nicht akzeptabler Weise vorgenommene Neuausrichtung der Einordnung des Chefarztes in den Organisationsrahmen des Krankenhauses dar und wird deshalb abgelehnt. Demgegenüber muss die ärztliche Unabhängigkeit wieder in den Vordergrund dieser Bestimmung gerückt werden.
Den an anderer Stelle des Vertragsmusters (§ 3 Abs. 2) zur verantwortlichen Beteiligung des Arztes bei der Aufstellung des Budgets formulierten Pflichten zur Einhaltung des abteilungsbezogenen Budgets stehen zu geringe Mitwirkungsrechte bei dessen Erstellung entgegen. Diese müssen in Anbetracht der dem Chefarzt abverlangten Budgetverantwortung stärker in dem Sinne ausgestaltet werden, dass das Budget gemeinsam zwischen Arzt und Krankenhausverwaltung aufzustellen ist.
2. Beibehalt des Liquidationsrechtes für wahlärztliche Leistungen im Rahmen eines Arzt- Zusatzvertrages zwischen Arzt und Patient
Die in dem Vertragsmuster vorgesehene Regelung (§ 6 Abs. 2), wonach der Arzt nach Maßgabe der GOÄ im Rahmen seiner Dienstaufgaben nur noch die vom Krankenhausträger vereinbarten, gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen erbringt, muss abgelehnt werden. Auf der Grundlage des Wahlarzt-Vertrages zwischen Krankenhausträger und Patient muss weiterhin der gesonderte Arzt-Zusatzvertrag zwischen Arzt und Patient Ausdruck des besonderen persönlichen Vertrauens- und individuellen Behandlungsverhältnisses zwischen den Patienten und dem gewählten und zur persönlichen Leistungserbringung verpflichteten Arzt bleiben.
Hinsichtlich der Vergütung der leitenden Ärzte sieht das Vertragsmuster die Möglichkeit, dem Chefarzt das Liquidationsrecht bei stationärer Wahlleistung einzuräumen, nicht mehr vor, wohingegen noch in der 5. Auflage von 1996 diese Vergütungsform zumindest als mögliche Alternative neben der so genannten Beteiligungsvergütung (Beteilung des Chefarztes an den Liquidationserlösen des Krankenhausträgers) angeführt war. In der Neuauflage ist nunmehr die Dienstvergütung des Chefarztes regelhaft in einen festen und einen variablen Bestandteil aufgespalten worden, wobei auch das Modell einer klassischen Beteiligungsvergütung nur noch als untergeordnete Alternative angeführt wird. Die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "überholt" bezeichnete mögliche Einräumung des Liquidationsrechtes wird gar nur noch nachrichtlich im Rahmen einer Fußnote erwähnt.
Mit dieser Eliminierung des Liquidationsrechtes als Vergütungsinstrument des Chefarztes im stationären Bereich verlässt die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein bisher prägendes Element der Gestaltung von Chefarztverträgen, obwohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes auf Grund der über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen in den Krankenhäusern das Liquidationsrecht der Chefärzte zum tragenden "Grundsatz des Rechts der leitenden Krankenhausärzte" gehört. Auch das ebenso über Jahrzehnte gewachsene System der privaten Krankenversicherung beruht im Bereich der stationären Versorgung wesentlich auf der persönlichen Leistungserbringung gegenüber dem Wahlleistungspatienten und dem daraus abgeleiteten Liquidationsrecht des Chefarztes. Entsprechend der hohen Verantwortung des Chefarztes und seiner die Position des Krankenhauses im Wettbewerb maßgeblich prägenden Funktion als Leistungsträger ist das Liquidationsrecht als herausgehobenes Vergütungsinstrument weiterhin erforderlich, um die persönliche Leistungsbereitschaft des Chefarztes zu fördern. Dies gilt vergleichbar auch für die anderen an der Erbringung ärztlicher Wahlleistungen beteiligten ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter. Darüber hinaus muss zukünftig in stärkerem Maße das Liquidationsrecht auf weitere qualifizierte Krankenhausärzte mit Spezial-Qualifikationen erweitert werden.
Der als feste Jahresvergütung vereinbarte Bestandteil der Dienstvergütung wird nach dem Vertragsmuster nicht mehr an die allgemeine Gehaltsentwicklung in einem Tarifvertrag oder im Besoldungsrecht angepasst, sondern muss nach Ablauf einer festzulegenden Zeit im Hinblick auf eine Anpassung unter Berücksichtigung der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung neu verhandelt werden, ohne dass dem Chefarzt ein Rechtsanspruch auf Erhöhung der Vergütung zusteht.
Darüber hinaus sieht das Vertragsmuster vor, dem Chefarzt neben der Festvergütung auch variable Vergütungsbestandteile zu gewähren. Die variable Vergütung erfolgt durch eine prozentuale Beteiligung an den Einnahmen des Krankenhausträgers an in § 8 Abs. 2 aufgezählten Bereichen. Ferner beinhaltet die variable Vergütung einen möglichen Bonus, welcher gewährt wird, wenn der Chefarzt die in einer jährlich zu treffenden Zielvereinbarung festgelegten Zielgrößen erreicht hat.
Insbesondere die Bindung der dem Chefarzt eingeräumten möglichen Boni an die Einhaltung von vorrangig ökonomisch ausgerichteten Zielgrößen ist höchst bedenklich und daher abzulehnen. Hierdurch wird eine nicht hinnehmbare Anbindung der Chefarztvergütung an vorrangig ökonomisch ausgerichtete Zielkriterien bewirkt, die das Risiko in sich bergen, dass der Chefarzt durch finanzielle Anreize veranlasst werden kann, Leistungseinschränkungen zu erwägen, welche zu Lasten der Patientenversorgung gehen können. Eine derartige Koppelung ärztlich-medizinischer Gesichtspunkte und ökonomischer Erwägungen widerspricht dem ärztlichen Berufsethos und ist daher strikt abzulehnen. Nicht hinnehmbar ist auch das in § 8 Abs. 3 festgelegte alleinige Entscheidungsrecht des Krankenhausträgers für den Fall, dass eine Einigung zwischen Krankenhausleitung und Arzt über die abzuschließende Zielvereinbarung nicht innerhalb der genannten Frist zustande kommt. Statt eines einseitigen und alleinigen Entscheidungsrechtes des Krankenhausträgers muss vielmehr eine erforderliche Konfliktauflösung für den Fall der Nichteinigung durch eine Schiedsstelle erfolgen. Zudem müssen die in der Zielvereinbarung angeführten Zielgrößen bzw. -gegenstände auf zeitlich befristete und quantifizierbare, konkret darstellbare Kriterien ausgerichtet werden.
Durch die Eliminierung des Liquidationsrechtes entfällt die Basis der nach dem ärztlichen Berufsrecht bestehenden Verpflichtung des Chefarztes, die an der Erbringung seiner Leistungen beteiligten Ärzte an den Liquidationseinnahmen zu beteiligen. Das bislang bewährte Instrument der Mitarbeiterbeteiligung, mit welchem für qualifizierte ärztliche Mitarbeiter, insbesondere Oberärzte, ein für den Verbleib im Krankenhaus wesentlicher Anreiz gesetzt werden konnte, ist in der vorliegenden Neuauflage des Chefarzt-Vertragsmusters nicht mehr ausdrücklich angeführt. Lediglich ein Fußnoten-Hinweis auf Zuwendungen an nachgeordnete Mitarbeiter als mögliche Minderung der Brutto-Liquidationseinnahmen des Krankenhausträgers erwähnt dieses Instrument in nur noch unverbindlicher Form. Angesichts der in jüngster Zeit zunehmenden Schwierigkeiten, qualifizierte Assistenz- und Oberärzte langfristig an das Krankenhaus zu binden, muss eine an das Liquidationsrecht gekoppelte Mitarbeiterbeteiligung als generelles Vergütungsinstrument für an der Leistungserbringung beteiligte Mitarbeiter gewährleistet bleiben.
Die dem Chefarzt mit dem Vertragsmuster auferlegte Verantwortung für eine richtige und vollständige Kodierung und Dokumentation der für die Eingruppierung in einem deutschen DRG-System erforderlichen Diagnosen und Prozeduren nach Maßgabe der jeweils gültigen Deutschen Kodierrichtlinien (§ 6 Abs. 8) muss eine ausdrückliche Verpflichtung des Krankenhausträger gegenüberstehen, hierfür in ausreichendem Maße die Voraussetzungen im Hinblick auf die personelle und sachliche Ausstattung zu schaffen.
3. Beibehaltung des Nebentätigkeitsbereichs im bisherigen Umfang
Die in der Neuauflage des Vertragsmusters vorgenommene Integrierung sämtlicher bisher im Rahmen einer Nebentätigkeitserlaubnis dem Chefarzt eingeräumten Nebentätigkeiten in den Dienstaufgabenkatalog muss kategorisch abgelehnt werden. Durch die Überführung bisheriger "klassischer" Nebentätigkeiten in den Dienstaufgabenbereich wird die bislang freiberuflich geprägte Betätigungsform des Chefarztes in ihren wesentlichen Ausprägungen beseitigt. Daher muss der Nebentätigkeitsbereich des leitenden Krankenhausarztes im bisherigen Zuschnitt beibehalten werden.
Die Einbeziehung der ambulanten Behandlung und Beratung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung und sonstiger Kostenträger auf Grund einer persönlichen Ermächtigung (§ 116 SGB V, D-Arzt-Verfahren) in den Dienstaufgabenkatalog stößt zudem auf rechtliche Bedenken. Hier wird verkannt, dass der Zulassungsausschuss im Rahmen seiner Bedürfnisprüfung gemäß § 116 SGB V eine Ermächtigung zur Teilnahme eines Chefarztes an der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erteilen kann, wenn der Arzt selbständig und freiberuflich tätig wird. Übt jedoch der Chefarzt diese Tätigkeit im Rahmen seiner Dienstaufgaben für den Krankenhausträger aus, widerspricht dies den Grundsätzen der persönlichen Ermächtigung, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ansonsten das System der vertragsärztlichen Versorgung unterlaufen würde, wonach das Krankenhaus als Institution nur nachrangig gegenüber einer persönlichen Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen kann. Mithin steht die Einbeziehung der ambulanten Behandlung und Beratung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung in den Dienstaufgabenbereich des Chefarztes dessen persönlicher Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entgegen. Unter den von diesem Vertragsmuster vorgesehenen Voraussetzungen ist der Chefarzt nicht mehr ermächtigungsfähig, weil dieser nicht mehr freiberuflich, sondern in dem durch § 2 Abs. 2 des Vertragsmusters neu ausgerichteten Gefüge weisungsgebunden tätig wird. Dass die Einbeziehung in den Dienstaufgabenbereich mit einer persönlichen Ermächtigung gemäß § 116 SGB V nicht vereinbar ist, wird auch angesichts der erklärten Zielrichtung dieser Änderung des Vertragsmusters ersichtlich, wonach alle erbrachten Leistungen als Krankenhausleistungen deklariert werden, unabhängig davon ob sie durch das Krankenhaus oder im Krankenhaus - bislang als Nebentätigkeit - erbracht werden; genau diese Ausrichtung der Leistungen ist mit einer persönlichen Ermächtigung unvereinbar.
Gleichgelagerte rechtliche Gründe sprechen auch gegen den Einbezug des Durchgangs-Arzt-Verfahrens im Rahmen der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung in den Dienstaufgabenkatalog. So können für das D-Arzt-Verfahren nur Ärzte bestellt werden, die bestimmte Anforderungen an die fachliche Befähigung persönlich erfüllen. Dies schließt mithin die Einbeziehung eines Krankenhauses als Institution in das Durchgangs-Arzt-Verfahren eindeutig aus.
Ferner ist die Erbringung ambulanter Beratung und Behandlung von Selbstzahlern durch den Chefarzt im Rahmen seiner Dienstaufgabe mit § 1 Gebührenordnung für Ärzte nicht vereinbar. Nach dieser Bestimmung ist die Behandlung von Privatpatienten bzw. Selbstzahlern in der Privatambulanz des Chefarztes eine rein privatärztliche Leistung, die anders als wahlärztliche Leistungen keinen Bezug zur Bundespflegesatzverordnung hat und daher als rein berufliche Leistung des Arztes nicht dem Krankenhausträger zugeordnet werden kann. Das Krankenhaus hat kein originäres Liquidationsrecht für ambulante privatärztliche Leistungen.
Sowohl das Muster einer Nebentätigkeitserlaubnis als auch das Muster von Nutzungsverträgen müssen mithin uneingeschränkt Gegenstand des Chefarzt-Vertragsmusters - entsprechend den früheren Auflagen - bleiben.
4. Keine BAT-Eliminierung aus dem Chefarzt-Vertrag
Die durch die Neufassung des Vertragsmusters bewirkte völlige Eliminierung öffentlich-rechtlicher Bezüge durch den Entfall früher obligater Verweisungen auf Regelungen des Bundesangestellten-Tarifvertrages und weitere öffentlich-rechtliche Rechtsbereiche ist nicht akzeptabel. In Verbindung mit § 8 soll nunmehr eine Dienstvergütung als feste Jahresvergütung vereinbart werden, ohne dass diese jedoch durch Bestimmungen in § 1 an die allgemeine Gehaltsentwicklung in einem Tarifvertrag oder im Besoldungsrecht angepasst wird. Damit wird das bisher tariflich abgesicherte Gehalt des Chefarztes aus dem Tarifrecht herausgenommen; hierdurch entfallen zwangsläufig auch tarifrechtlich vereinbarte Gehaltssteigerungen mit steigendem Lebensalter, mit entsprechendem Familienstand und Kinderzahl. Unbedingt muss daher entsprechend den Regelungen früherer Auflagen des Vertragsmusters wieder ein Bezug des Dienstverhältnisses auf die einschlägigen Vorschriften des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) hergestellt werden. Um eine sachgerechte Vergütungsanpassung zu gewährleisten, muss insbesondere die Dynamisierung der Vergütung entsprechend der Tariflohnsteigerung sichergestellt werden.
Die erfolgte Neuregelung zur Vergütung für die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit (§ 12) sieht vor, dass der Chefarzt nur noch für die Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf die Fortzahlung seines Festgehaltes nach § 8 Abs. 1 hat. Dies bedeutet im Vergleich zu der noch in der 5. Auflage des Chefarzt-Vertragsmusters enthaltenen Regelung, nach der eine Entgeltfortzahlung gemäß den BAT-Regelungen bis zu 26 Wochen vorgesehen war, eine massive Verschlechterung der Absicherung des Chefarztes im Krankheitsfall. Diese Neuregelung wird daher entschieden abgelehnt.
5. Beschränkung von Beratungs- und Mitwirkungspflichten auf zumutbaren Umfang
Die im Falle der Vorlage einer entsprechenden Qualifikation vorgesehene Übernahme der Aufgaben eines Betriebsarztes durch den Chefarzt (§ 5 Abs. 3. Nr. 5) ist grundsätzlich abzulehnen. Eine solche Übernahme ist mit den Konstruktionsprinzipien des Arbeitssicherheitsgesetzes und der Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte" nicht vereinbar, da im Rahmen dieser Bestimmungen von einem "Dreier-Gefüge" Arbeitgeber/Vorgesetzter - Beschäftigter - Betriebsarzt ausgegangen wird, welches nicht von möglichen Interessenkonflikten geprägt werden darf. Anderenfalls bestünde eine nicht hinnehmbare Kollision zwischen den Belangen des Arbeitgebers/Vorgesetzten und den Ansprüchen bzw. Rechten der Beschäftigten/Mitarbeiter. Wäre Arbeitgeber/Vorgesetzter und Betriebsarzt ein und dieselbe Person, würden erhebliche, mit den Intentionen des Arbeitssicherheitsgesetzes nicht in Einklang zu bringende Interessenkonflikte auftreten. So ist für diesen Fall die Gefahr gegeben, dass der Vorgesetzte ihm nicht zustehende Informationen über persönliche und gesundheitliche Belange seiner Mitarbeiter zur Kenntnis bekäme. Weiterhin sind die in § 5 Abs. 4 festgelegten umfangreichen Beratungs- und Mitwirkungspflichten des Chefarztes zu weit gefasst und müssen auf einen zumutbaren Umfang eingeschränkt werden.
Schlussbemerkung:
Bundesärztekammer, Verband Leitender Krankenhausärzte und Marburger Bund empfehlen den von ihnen vertretenen Ärztinnen und Ärzten dringend, sich während der Verhandlungen über einen Chefarztvertrag und vor seiner Unterzeichnung kompetenten und individuellen rechtlichen Rates durch im ärztlichen Berufs- und Vertragsrecht versierte Juristinnen und Juristen zu versichern. Die vorstehenden Gemeinsamen Hinweise zu diesem Vertragsmuster ersetzen einen derartigen individuellen Rat in keiner Weise.