BÄK im Dialog: „Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen“

Berlin, 12.11.2016

 „Die übergroße Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland arbeitet korrekt und lässt sich nichts zuschulden kommen. Deshalb empfinden wir das Anti-Korruptionsgesetz für das Gesundheitswesen auch nicht als Bedrohung, sondern als Schutzmaßnahme für die vielen ehrlichen Kollegen. Die Neuregelungen können aber auch zu Unsicherheiten insbesondere bei den Ärzten führen, die sich beispielsweise in Netzen oder in sektorübergreifenden Versorgungsformen engagieren. Diese Kollegen brauchen verlässliche Informationen. Und die wollen wir ihnen geben.“ Das sagte Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), zum Auftakt der BÄK-Tagung „Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ am 12. November in Berlin.  Auf der Tagung diskutierten Ärzte und Juristen, welche Kooperationsmodelle strafbar und welche Formen der Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen untereinander, aber auch zwischen Leistungsanbietern und der Industrie weiterhin erlaubt sind.

Nach dem Gesetz droht Angehörigen von Heilberufen eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes bestechen lassen. Dabei richten sich die Sanktionsandrohungen nicht nur gegen Ärzte, sondern gegen alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen und auch an die, die bestechen.

Prof. Dr. Karsten Gaede von der Bucerius Law School Hamburg sieht in dem Gesetz eine vernünftige Grundlage für die Strafverfolgung im Gesundheitswesen. Er wies jedoch darauf hin, dass die Delikte eine „vorsichtige Anwendung“ erforderten. Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Alexander Badle von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main: „Wir wissen, dass wir mit dem Strafrecht ein scharfes Schwert in der Hand haben. Wir wissen aber auch, dass wir es nur dann zur Anwendung bringen, wenn eine strafrechtlich relevante Handlung erkennbar ist.“ Badle glaubt nicht, dass Ermittlungen in diesem Bereich zu einem Massenphänomen werden. Wichtig sei für die Akteure, sich im Vorhinein zu informieren und so das Strafverfolgungsrisiko zu minimieren. Er stellte klar, dass sämtliche bislang zulässigen Leistungsbeziehungen und Kooperationen auch nach Inkrafttreten des Gesetzes uneingeschränkt zulässig bleiben. „Das Gesetz enthält keine neuen Verbote, es normiert lediglich eine strafrechtliche Sanktion für bereits verbotenes Verhalten. Das bedeutet auch, dass sämtliche bislang zulässigen Leistungsbeziehungen und Kooperationen auch nach Inkrafttreten des Gesetzes uneingeschränkt zulässig bleiben. Sie sollten aber auf etwaige strafrechtliche Risiken hin überprüft werden“, so Badle.

Tatsächlich ist der Beratungsbedarf seit Inkrafttreten des Gesetzes deutlich gestiegen. Dies berichtete auf der Tagung Prof. Dr. Dr. Thomas Ufer, Arzt und Fachanwalt für Medizinrecht. Vorgelegt würden nicht nur neue Kooperationsmodelle. Viele Klinikchefs ließen jetzt auch ihre Altverträge prüfen. Beratungsbedarf bestünde beispielsweise bei Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken. Auch sogenannte Anwendungsbeobachtungen führten zu Unsicherheiten. Diese könnten straffrei sein, es sei denn, die vorgesehene Vergütung entschädige nicht für zusätzlichen Aufwand, sondern für die bevorzugte Verordnung bestimmter Präparate, so Ufer.  

Auf berufsrechtliche Bezüge der neuen gesetzlichen Regelungen und den daraus entstehenden Beratungsbedarf in den Ärztekammern gingen Karl Lienshöft, Staatsanwalt a.D.  sowie Dr. Karsten Scholz, Justiziar der Ärztekammer Niedersachsen, ein. Lienshöft berichtete von seiner Tätigkeit als unabhängiger Untersuchungsführer der Ärztekammer Schleswig-Holstein. Scholz erläuterte, dass es Pflichtaufgabe der Ärztekammer Niedersachsen sei, Mitglieder in Fragen der Berufsausübung zu beraten. Dies umfasse auch strafrechtliche und vertragsarztrechtliche Aspekte. Anhand von Beispielfällen  etwa zu Fortbildungsveranstaltungen, sektorübergreifenden Kooperationen und Berufsausübungsgemeinschaften vermittelte Scholz einen Eindruck von der Beratungspraxis der Kammer.

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